Einsatz hart am Limit
Wie es ihnen selbst geht, hat kaum jemand im Blick. Eine Initiative im Linzgau am Bodensee will das ändern. Gerda Dilger, eine der Initiatorinnen, berichtet:
Ein altes Ehepaar aus meiner Nachbarschaft brauchte Hilfe, da die Frau an Demenz erkrankte und ihr Mann damit überfordert war. Sie stellten daraufhin eine Polin als Helferin ein. Durch meine Besuchsdienste lernte ich sie näher kennen. Die Frau hatte es nicht einfach. Nach einem Vierteljahr hatte sie gesundheitliche Probleme und war vom Dienst – tags und nachts – völlig ausgelaugt. Sie brauchte das Geld dringend, weil ihr Mann in Polen arbeitslos war. Sie hatte Heimweh, ihr fehlten die Freunde, sie kannte niemanden. Eigentlich sollte die Polin nur die Frau betreuen. Als auch noch der alte Mann dazukam, stieß sie an ihre Grenzen und brauchte eine Auszeit. Sie fühlte sich finanziell und moralisch ausgenutzt.
Nach ihr kam Maria aus Rumänien als Helferin zu dem Ehepaar. Nach der Trennung von ihrem Mann war sie nach Deutschland gekommen. In Rumänien hatte sie in einer Bank gearbeitet und hatte etliche Mitarbeiter unter sich. Sie hätte sich nie vorstellen können, dass sie in ihrem Leben aus der Not heraus solche Arbeiten in Deutschland verrichten würde. Darunter litt sie sehr.
Maria war neun Monate fast 22 Stunden jeden Tag im Einsatz. Schlafstörungen, Konzentrationsmangel und Kopfschmerzen waren die Folge. Die Hausärztin verschrieb ihr Krankengymnastik zur Entspannung. Selbst dafür musste sie sich die Zeit stehlen. Der alte Herr schikanierte sie und ließ sie auch nachts um drei kommen. Nach seinem Tod wurde Maria entlassen und suchte eine neue Stelle, aber nicht mehr als Pflegerin. Nach drei Jahren fehlten ihr Kraft und Nerven dazu.
Nach diesen Erfahrungen nahm ich Kontakt zu anderen Besuchsdienstgruppen auf und stellte meine Idee beim „Runden Tisch" im Linzgau vor: Meine Anregung war, Helferinnen aus Osteuropa miteinander in Verbindung zu bringen, ihnen Gelegenheit zum Austausch zu geben, sie einzuladen zu Veranstaltungen in der Gemeinde und sie auf Orte aufmerksam zu machen, wo sie sich treffen können, zum Beispiel im Mehrgenerationenhaus. Dabei stellte ich fest, dass auch andere Besuchsdienstmitarbeiterinnen die Helferinnen aus Osteuropa wahrnehmen, ihnen zuhören und sie in die Gemeinschaft einbinden. Wenn wir im Besuchsdienst Geburtstags- und Krankenbesuche machen, bekommen wir mit, wo die Frauen beschäftigt sind. Wir gehen mit ihnen zum Kaffeetrinken und hören ihnen zu. Oder wir laden sie zum Einkaufen in die Stadt ein, damit sie für kurze Zeit wieder etwas Normalität in ihrem aufreibenden Alltag erleben. Ich hoffe, dass meine Idee sich verbreitet und viele zum Mitmachen ermutigt.