Einen Versuch ist es immer wert
Der Riss im Rock ist schnell genäht. Aber dann dauert der Besuch doch länger. Zu lernen, wie sich in Filztechnik große, farbenfrohe Blüten formen lassen, ist etwas mehr Zeit wert. Das „Repair-Cafe“ bietet eben mehr als der Titel verspricht: Neben dem Reparieren nützliche und interessante Tipps und Kaffee sowieso. Jeden ersten Dienstag im Monat wird das zum Fachbereich Suchtberatung gehörende „alkoholfreie Café Oase“ der Caritas Rheine umfunktioniert. Dann wird die Nähmaschine aufgestellt, rücken Männer mit Werkzeugkoffern an und hoffen auf defektes technisches Gerät, an dem sich tüfteln lässt.
Boom bei den Ehrenamtlichen
Nicht nur die Zahl der Besucher mit Reparaturbedarf wächst, einen Boom erlebt Birgit Heiser auch auf der Gegenseite: „Wir sind überwältigt vom großen Interesse der ehrenamtlichen Mitmacher“. Die Frauen haben da schon Möglichkeiten zum Lückenfüllen gefunden. Das Filzen zum Beispiel, wenn die Nähmaschine gerade still steht. Die Männer tauschen sich fachlich aus und trinken eine Tasse Kaffee.
Bis eine „Kundin“ vorbeikommt mit einem Föhn, der sich nicht mehr rührt. Bevor der Vesuch ihn aufzuschrauben gestartet werden kann, hat sie sich bei Rita Dirks angemeldet. Die hat ehrenamtlich schon vor den Zeiten des Repair-Cafés in der Oase ausgeholfen und schreibt jetzt den Reparaturwunsch auf. Der Zettel muss unterschrieben werden, um die Haftung zu begrenzen, wenn der Versuch schief gehen sollte. Geld wird dafür nicht genommen, ein Obolus im Sparschwein auf Rita Dirks Tisch ist willkommen, um davon Nähgarn zu kaufen oder eine Reparatur der gespendeten Nähmaschine bezahlen zu können.
Auf Verschleiß produziert
Auch wenn die Idee recht spontan entstanden und umgesetzt worden ist, braucht es doch etwas Struktur. So hat sich die Caritas Rheine einer niederländischen Stiftung angeschlossen, um deren Logo nutzen zu können. Das Bewusstsein für Nachhaltigkeit wollen die Initiatoren wecken und Abfall vermeiden. Dass „heute so viel auf Verschleiß produziert wird“, ärgert auch die Besucherin mit dem streikenden Föhn. Das Reparieren wird von den Produzenten nicht gerade erleichtert. Trotz einer ganzen Phalanx an unterschiedlichsten Schraubenziehern gelingt es im ersten Ansatz nicht, die Spezialschrauben im Griff des Föhns zu lösen. Aber da geben die Männer nicht auf und wollen zuhause weiter nach dem passenden Werkzeug suchen. Da bietet das Fahrrad, das offensichtlilch schon einige Jahre und viele Kilometer auf dem Buckel hat den beiden Reparateuren im Keller des Cafés weniger Herausforderung. Die Beleuchtung streikt und einen neuen Mantel soll es nach Wunsch seiner Besitzerin auch bekommen.
Grenzfall zum heimischen Handwerk
Möglicherweise ein Grenzfall zum heimischen Handwerk, aber grundsätzlich ist das Verhältnis entspannt. Birgit Heiser kann das erklären: „Wir rücken das Thema Reparieren damit wieder in den Vordergrund“. Davon profitiert der örtliche Einzelhandel, zumal die Ersatzteile dort erworben und mitgebracht werden müssen.
Einen Versuch, findet Heiser, ist es immer wert. Und wenn das Teil doch nicht mehr zu reparieren ist, kann man es zumindest guten Gewissens entsorgen. Dazu hat man vielleicht noch etwas anderes gelernt und ein nettes Gespräch geführt. Möglichst sollen die Besucher bei der Reparatur dabei bleiben.
Das bietet der Geographie-Studentin Stefanie Zanger die Möglichkeit, sie zu Motivation und Zufriedenheit zu befragen. Auch für sie bietet das Repair-Café doppelten Nutzen. Ehrenamtlich ist sie schon länger im Café Oase engagiert und schreibt jetzt eine Hausarbeit über das Repair-Café.