Packen wir’s an – praktische Integration durch Arbeit
Der Lieblingsspruch des Unternehmers Hallbauer lautet "Hands on – Machen wir’s!" Der 67-Jährige leitet den Viernheimer Traditionsbetrieb Samoa Hallbauer, sein Sohn Sven wird ihn in dritter Generation weiterführen. Seit 1919 ist die Firma im Ort angesiedelt und stellt Pumpen und andere Instrumente zur Dosierung von Schmierstoffen her. Über einen Aufruf in der Zeitung hat er gelesen, dass "Ich bin ein Viernheimer" Praktikumsplätze für Asylbewerber sucht. "Das fand ich toll. So etwas könnte man viel öfter miteinander machen", meint der Unternehmer.
Freiwillig Engagierte vermitteln die Plätze
Ein Anruf bei Gaby Zabanoff, einer Ehrenamtlichen, die die Arbeitspraktika von Flüchtlingen organisiert, ein paar Gespräche – und der erfolgreichen Vermittlung stand nichts mehr im Weg. Seit zwei Wochen arbeitet Abraham B. (28) aus Eritrea bei Hallbauer, zurzeit in der Abteilung Wareneingang und Versand. "Ich packe Pakete und Paletten", sagt er in gebrochenem Deutsch. "Die Arbeit ist gut", ergänzt er und lächelt. In Eritrea hat er als Schweißer gearbeitet, hier würde er am liebsten später Schreiner lernen oder was mit Metall.
"Das klappt prima", bestätigt auch Albrecht Hallbauer. Bis dem Eritreer Wörter wie Profi-Hebelpresse, Druckluft-Fettpumpe oder gar Kegelschmiernippel mühelos von den Lippen kommen, braucht es natürlich noch Zeit. In den insgesamt drei Monaten, die das Praktikum dauert, wird Abraham nach einem Praktikumsplan noch weitere Stationen durchlaufen. Als Nächstes wird er sich an die Versandpapiere Ausland und Inland wagen. "Er kann nämlich sehr gut lesen und schreiben", weiß Gaby Zabanoff. 30 Betriebe haben sich schon zur Zusammenarbeit gemeldet, weitere sollen folgen.
Die Mitarbeiter im Betrieb müssen mitziehen
Albrecht Hallbauer hat das Praktikum nicht über die Köpfe seiner Angestellten hinweg vergeben. Denn wichtig sei, dass die Kollegen hinter dieser Sache stehen. "Man muss die Mitarbeiter mitnehmen", sagt er. "Wir haben hier über Jahrzehnte eine gute Umgangskultur miteinander gepflegt." Natürlich müsse es im Betrieb auch schnell gehen, die technische Leistung für die Kunden müsse stimmen, keine Frage –aber: das Miteinander eben auch. Acht Nationalitäten sind unter seinen 50 Angestellten vertreten. Dass Praktikanten bei Hallbauer arbeiten, ist nichts Neues. Derzeit beschäftigt er einen 17-jährigen Arbeitspraktikanten aus dem Kosovo, der sich als Azubi bewerben will. "Wir brauchen qualifizierte Zuwanderer", sagt der Unternehmer, "aber wir müssen auch aufnahmebereit sein."
Das Flüchtlingsprojekt "Ich bin ein Viernheimer" …
… wurde von Angelo Stipinovich, Pfarrer der Kirchengemeinde St. Michael - St. Hildegard in Viernheim, und Gemeindereferent Herbert Kohl angestoßen. Als die ersten Flüchtlinge im November 2013 in die Kleinstadt kamen, war den beiden klar: Für die 110 Menschen aus Eritrea und Äthiopien muss man was tun. Die Ehrenamtlichen der Gemeinde organisierten Begegnungsabende und Deutschkurse. Stipinovich und Kohl suchten Kontakt zur Kommune und zu lokalen Unternehmen. Das Ziel: Die Asylsuchenden sollen sozial und sprachlich, aber auch beruflich integriert werden.
Eine ausführliche Reportage dazu lesen Sie in der Printversion der Sozialcourage 02/2015.