Kein Mensch ist perfekt
Wenn "Wato Watoto" und die "Wilde 13" trommeln, wissen die Menschen im Ruhrgebiet: Jetzt ist was los! Die beiden Formationen - Trommler mit und ohne Behinderungen - haben deshalb auch folgerichtig die zentrale Veranstaltung im Ruhrbistum zum Caritas-Samstag auf dem Rathausplatz mitten in Gladbeck eröffnet. Unter dem Titel "Kein Mensch ist perfekt" stellt die Caritas-Kampagne in diesem Jahr Menschen mit Behinderungen in den Mittelpunkt.
Inklusives Fest
Durch das Programm führte der bekannte Radio- und Sportreporter Manni Breuckmann, launig, humorvoll und "echt Ruhrgebiet". "Wir wollen ein kleines Beispiel für ein inklusives Fest geben, bei dem Menschen mit und ohne Behinderungen gemeinsam feiern", so Diözesan-Caritasdirektor Andreas Meiwes. Inklusion, das war auch das Stichwort des Tages; es bedeutet so viel wie: Jeder Mensch mit Behinderung soll im Kindergarten, in der Schule, in Ausbildung und Beruf, in Vereinen und Kirchengemeinden und anderen Institutionen die gleichen Rechte genießen dürfen, wie jeder andere Bürger auch. Menschen mit Behinderungen sollen am "ganz normalen" Leben teilnehmen mit allen Chancen und Risiken. So verlangt es auch die von Deutschland mitunterzeichnete UN-Behindertenrechtskonvention.
Der Platz war gut gefüllt, ein Team von Gebärden-Dolmetschern übersetzte die Moderation, auch das ein Merkmal für Inklusion. Aber neben den Interviews stand vor allen Dingen eines im Vordergrund: Der Spaß am gemeinsamen Tun und das Erleben beim Jonglieren, Basteln, bei den Riesen-Seifenblasen, bei Foto- und Kunstausstellung und beim Menschen-Kicker.
Es ist kein Zufall, dass der Caritas-Samstag im Bistum Essen 2011 in Gladbeck eröffnet wurde: Die Caritas Gladbeck hatte vor etwa 30 Jahren damit begonnen, Angebote für Menschen mit Behinderungen zu entwickeln, die inzwischen beispielhaft sind.
Rainer Knubben, Abteilungsleiter bei der Gladbecker Caritas: "Bei uns sind Menschen mit Behinderungen schon ganz gut integriert, aber bis zu vollständigen Inklusion ist es noch ein weiter Weg. Die Gesellschaft muss sich ändern, damit Menschen mit Behinderungen auf dem ersten Arbeitsmarkt, im Kindergarten, in der Schule selbstverständlich dabei sind. Im Bereich Wohnen sind wir in Gladbeck schon ziemlich weit."
Noch ein weiter Weg
Die Heilige Messe in der nahegelegenen St. Lamberti Kirche, der katholischen Hauptkirche in Gladbeck, war der feierliche Höhepunkt des Caritas-Samstags. Die Messe in der voll besetzten Kirche gestalteten Menschen mit und ohne Behinderungen gemeinsam. Weihbischof Vorrath kritisierte in seiner Predigt den Wahn des Perfektionismus, bei dem Menschen mit Behinderungen, aber auch Alte und Kranke, ausgegrenzt würden. Er verwies darauf, dass es bis zur "echten" Inklusion noch ein weiter Weg sei. Noch immer gäbe es zu viele Sondereinrichtungen für Menschen mit Behinderungen.
Firmen scheuten den höheren Aufwand, um Menschen mit Behinderungen einzustellen; fast 2/3 der erwerbstätigen Betroffenen wohnen in Sondereinrichtungen. "Aber", so sagt er, "der Einsatz für Kranke, Alte und Behinderte - eben für nicht-perfekte Menschen - ist christliche Aufgabe der Caritas.
Es ist Auftrag der Caritas, dem Schwachen zu seinem Recht und einem Leben in Würde zu verhelfen." Und er schließt seine Predigt mit dem Appell: "Helfen wir, dass das Leben für alle gelingt!"
Christoph Grätz