Alles andere als Flickwerk …
Wer hätte gedacht, dass Grundschulkinder heute noch Lust auf Handarbeiten haben? Mädchen vielleicht, aber Jungen sicherlich nicht. Diesem Klischee hat Stella Bahram ein Ende gesetzt. Seit vielen Jahren ist sie als zuverlässige ehrenamtliche Mitarbeiterin in der Offenen Ganztagsschule (OGS) Kapitelstraße in Köln tätig und übernimmt einmal wöchentlich das Projekt "Handarbeiten".
Seit 2007 gibt es das Angebot des zusammengelegten Offenen Ganztages an der Katholischen Grundschule und Gemeinschaftsgrundschule Kapitelstraße, durchgeführt von IN VIA Köln e.V. 270 Kinder werden nach Unterrichtsschluss in insgesamt zehn Gruppen von je zwei pädagogischen Mitarbeiterinnen betreut. Bunt und vielfältig ist die Kinderschar in der OGS, die sich aus insgesamt 23 Nationalitäten zusammensetzt. Nach dem Unterricht bekommen die Kinder ein ausgewogenes Mittagessen von IN VIA, werden während der Lernzeiten begleitet und gefördert und machen gemeinsame Aktionen in der Gruppe. Abgerundet wird der OGS-Aufenthalt durch mehrere Kunst AGs, tägliche Sport- und Bewegungsangebote, eine Garten AG (züchtet Gemüse in eigens angelegten Blumenbeeten), Musik, Tanz und viele themenbezogene sowie jahreszeitliche Projekte. Letztere werden über externe Fachleute und die Fachkräfte des Verbandes IN VIA in den Gruppen durchgeführt.
Stella Bahram, Jahrgang 1937, unterstützt IN VIA bereits seit rund zehn Jahren. Früher im Rechnungswesen tätig, wollte sie eigentlich Schneiderin werden und bringt ihre Leidenschaft nun für die Kinder ein. Das offene Angebot richtet sich an alle OGS-Kinder und wird in der Regel von acht bis 15 Kindern genutzt. Als Rentnerin und Vertreterin der 'Generation Großeltern' − sie hat selbst drei Kinder und zwei Enkelkinder − übt Stella Bahram einen positiven Einfluss auf die Kinder aus. Durch ihre Distanz zum hektischen Schulalltag geht sie liebevoll und gelassen auf die Kinder ein. Das bringt Ruhe und Entspannung in die Gruppe.
Der über Jahre konstante Zulauf der Kinder, auch der männlichen, an "Handarbeiten" hat durchaus überrascht. Bahram versteht Handarbeiten nicht nur als textiles Gestalten. Sie möchte Kinder motivieren, ihre Fähigkeiten zu entdecken und Geduld zu üben. Außerdem macht das entstandene Produkt stolz und neugierig auf neue Aufgaben. Nicht zuletzt ist das Gestalten ein Schritt gegen die Wegwerfmentalität, wenn geübt wird, ein Kleidungsstück zu flicken.
Bei ihr finden die Kinder das, was sie im fordernden Schulvormittag und im durchorganisierten OGS-Nachmittag dringend benötigen: Ruhe, Entspannung und eine liebevolle Ansprache und Zuwendung. Neben der Feinmotorik (z.B. beim Umgang mit Nadel und Faden) werden Konzentration, das soziale Miteinander und so ganz nebenbei auch die deutsche Sprache gefördert. Auch auf die Bedürfnisse der Jungen stellt sich Stella Bahram ein: Sie gestaltete mit den Kindern Wandbehänge mit Applikationen von Ritterburgen und schickte diese zu einem Wettbewerb ein. Wie beliebt Stella Bahram ist, zeigt die Tatsache, dass auch ehemalige Schülerinnen und Schüler dienstags nachmittags gern vorbeikommen und mitmachen.
Welchen erzieherischen Einfluss sie auf die Kinder hat, wurde Stella Bahram erst kürzlich bewusst, als sie den Kindern erzählte, dass sie ein gefundenes Handy beim Fundbüro abgegeben hatte. Die Kinder wunderten sich darüber, dass sie es nicht selbst behalten wollte. Eine Woche später brachten sie ihr eine Mütze, die sie verloren hatte, zurück.
Bei den Gesprächen erfährt sie nebenbei viel über das Familienleben der Kinder, über Armut und Probleme. Sie antwortet intuitiv und ist überzeugt davon, dass sie bestimmte Werte so besser als mit dem moralischen Zeigefinger vermitteln kann.
Ihr Traum ist, mit einem VW-Bus, der mit Nähmaschinen und -utensilien ausgestattet ist, von Schule zu Schule zu fahren und den Kindern die Freude am Nähen zu vermitteln.
Und das stellen die Kinder her:
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Girlanden, Eulen aus Klopapierrollen; Clowns aus Stoff
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Flechtbänder aus Bändern, Schnüren und bunten Fäden
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vorgestanzte Motive auf weißem Karton werden von den Kindern mit einer Stopfnadel nachgenäht
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Einüben von Knopf-Annähen: Stoffgürtel werden zerschnitten und verschiedene Knopfsorten angenäht, anschließend als Wandbehang genutzt
Ehrenamts-Aufruf
Stella Bahram wünscht sich schon lange ehrenamtliche Verstärkung für ihre Arbeit. Hoffen wir, dass sich Interessierte anstecken lassen und für eine Mitarbeit melden. Spaß an Handarbeit ist natürlich Voraussetzung. Bei Interesse bitte melden bei Ruth-Maria Erz, Tel: 0221 47 28-850, ruth-maria.erz@invia-koeln.de