Leben wie in einer Familie
Im Paulus-Stift des Caritasverbandes für die Region Kempen-Viersen leben 14 demenziell veränderte Senioren in einer "Integrierten Hausgemeinschaft". Die innovative Wohnform hat sich bewährt.
Was als erstes auffällt, ist die Ruhe. Kein Telefongebimmel, keine Hektik - der große Gemeinschaftsraum mit Wohnküche wirkt heimelig und gemütlich. Hier spielt sich das tägliche Leben der 14 Frauen und Männer ab, die in der "Integrierten Hausgemeinschaft" des Paulus-Stifts in Viersen wohnen. Jeder von ihnen hat ein Einzelzimmer, in das er sich jederzeit zurückziehen kann. Die meiste Zeit des Tages verbringen die Bewohner jedoch in der Gemeinschaft, essen zusammen, lassen sich aus der Zeitung vorlesen, backen Waffeln, schauen die Nachrichten oder helfen beim Tischdecken und dem Einräumen der Spülmaschine - wie in einer Familie.
Eine professionelle Betreuerin ist immer dabei, darüber hinaus kümmern sich Pflegefachkräfte, eine Betreuungsassistentin, zwei Auszubildende und ein "Bufdi" (Bundesfreiwilligendienst) um die Bewohner. "Das Konzept ist personalintensiv und stellt hohe Anforderungen an die Kommunikations- und Empathiefähigkeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter", erläutert Heike Scherenberg-Leßwing, Bereichsleiterin beim Caritasverband.
Sie weiß auch: "Menschen mit Demenz suchen die Nähe von anderen und wollen häufig nicht alleine sein." Ein derzeit bettlägeriger Bewohner wird jeden Morgen im Pflegebett in den Gemeinschaftsraum gefahren. "Er ist mittendrin", sagt Barbara Clement, die Pflegedienstleiterin des Paulus-Stifts.
Die kleine Gruppe ist weitgehend selbständig und lebt wie in einem normalen Haushalt. Für demenziell veränderte Menschen ist es wichtig, dass sie in ruhiger und gemeinschaftlicher Atmosphäre weiter ihren gewohnten Aktivitäten nachgehen können. Dadurch erhalten sie sich so lange wie möglich ihre persönlichen Fähigkeiten. In der Hausgemeinschaft kann jeder Bewohner seine Stärken und Fähigkeiten einbringen. So hat er das Gefühl, gebraucht zu werden. "Die Senioren helfen sich gegenseitig", berichtet Heike Scherenberg-Leßwing.
Die 14 Frauen und Männer sind zwischen Ende 60 und 90 Jahre alt. Manche von ihnen leben bereits seit der Eröffnung des Paulus-Stifts vor viereinhalb Jahren in der Hausgemeinschaft, die längst eine verschworene ist. "Bei Festen und Feiern im Paulus-Stift treten die 14 immer als Gruppe auf", lacht Barbara Clement. Besonders beliebt bei den Bewohnern ist die große Dachterrasse. Wenn das Wetter schön ist, verbringen die Senioren viel Zeit draußen, grillen gemeinsam, ziehen Tomaten oder versorgen die Blumen in den Hochbeeten. "Im Sommer sind sie alle knackebraun", sagt Clement.
Das Konzept hat sich bewährt. Deshalb wird der Caritasverband im Zuge der Modernisierung und Erweiterung des Altenheims Irmgardisstift Süchteln vier solcher Hausgemeinschaften mit zweimal neun und zweimal elf demenziell veränderten Bewohnern einrichten.