Von der Wucht El Niños getroffen
Noch mal von vorne anfangen, das mussten viele Menschen in der Diözese Chosica. Das Wetterphänomen "El Niño" hatte im vergangenen Jahr entlang der gesamten peruanischen Küste zu schweren Überschwemmungen und Erdrutschen geführt und auch den Großraum Lima nicht verschont. Schlammlawinen zerstörten die Lebensgrundlage vieler ohnehin schon armer Familien.
Diözesancaritasdirektor Thomas Domnick hat die Opfer im Rahmen einer Dialogreise mit Caritas international nach Peru getroffen und mit ihnen über Perspektiven gesprochen. "Manche Gebiete wurden komplett von der Außenwelt abgeschnitten. Die Verwaltung war überfordert, aber Caritas,Pfarrgemeinde und Freiwillige arbeiteten Hand in Hand und konnten schnell helfen", hat er in Carapongo erfahren. Doch es blieb nicht bei Nothilfen. Mit finanzieller Hilfe, unter anderem von Caritas international, konnten 200 besonders betroffene Familien unterstützt werden. Rufina, Mitte Fünfzig, konnte nach der Katastrophe mit einer Meerschweinchenzucht neu starten. Sie verkauft die Kleintiere für umgerechnet fünf bis acht Euro an Restaurants, die das Fleisch als typisch peruanische Delikatesse anbieten.
"Ich bin beeindruckt, wie die Menschen ihre oft bedrückende Lebenssituation meistern und auch die Zukunft in den Blick nehmen", sagte Domnick. Oft seien es die Frauen, die sich Verbündete suchten und das Schicksal ihrer Familien in die Hand nähmen. So auch Ada. Die verwitwete Mutter baute mit Hilfe der Caritas ein kleines Ladengeschäft auf. Wie es langfristig weitergeht, weiß sie selbst nicht genau. Der Fluss, der Rio Rimac, nur einen Steinwurf von ihrer Hütte entfernt, könnte eines Tages wieder über die Ufer treten. Ada hat sich daher mit den Frauen ihres Viertels zusammengeschlossen. Gemeinsam haben sie zwei Nähmaschinen angeschafft und wollen nähen lernen. Ein weiterer kleiner Schritt in die Zukunft. Der Speyerer Weihbischof Otto Georgens, ebenfalls Dialogreisender, feierte zum Abschluss seines Besuches einen Gottesdienst mit den Menschen von Chosica, gemeinsam mit Gemeindepfarrer Jorge Vargas. Er machte den Menschen Mut, bei allen Herausforderungen mit Gottvertrauen in die Zukunft zu schauen.
Im Rahmen der Dialogreise lernten die insgesamt elf Entscheidungsträger aus Kirche und Caritas die Arbeit der Caritas in Peru kennen. "Wir sind im Sinne von ‚Caritas für Caritas‘ mit den Menschen, Mitarbeitenden und Ehrenamtlichen ins Gespräch gekommen und haben voneinander
gelernt", sagte der Leiter von Caritas international, Dr. Oliver Müller. Er begleitete die Dialogreise mit Länderreferent Kilian Linder. Im Großraum Lima besuchten die Reisenden auch noch Projekte für suchtkranke Menschen und ehemalige Heimkinder. In Madre de Dios, im Amazonasgebiet, erfuhren sie, wie der Regenwald bewahrt und zugleich Wege aus der Armut aufgezeigt werden. In Arequipa schließlich lernte die Gruppe ein Projekt kennen, das durch inklusive Grundschulen, Lehrer-Fortbildungen und Hausbesuche das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne Behinderung voran bringt. Auch ein Treffen mit der peruanischen Sozialministerin Liliana La Rosa Huertas stand auf dem Programm. "Peru ist ein Land der Kontraste", lautet das Fazit Domnicks.
Da ist zunächst die landschaftliche Vielfalt, die von tropischen Regenwäldern im Amazonasgebiet bis zu schneebedeckten Anden reicht. Es gibt im drittgrößten Staat Südamerikas eine familiäre, kleinbäuerliche Landwirtschaft einerseits und die 10-Millionen- Metropole Lima andererseits sowie eine reiche Kultur. Es gibt aber auch große soziale Unterschiede und Konflikte. Sieben Millionen Peruaner und Peruanerinnen leben unter der nationalen Armutsgrenze. Rund eine Million lebt dauerhaft in Ernährungsunsicherheit. Die Ausbeutung und Zerstörung der Natur sorgen für große Probleme. Caritas international setzt auf Hilfe zur Selbsthilfe und arbeitet eng mit der Cáritas del Perú zusammen. Caritas international ist das Hilfswerk des Deutschen Caritasverbandes. Dieser gehört zum weltweiten Netzwerk der Caritas mit 162 nationalen Mitgliedsverbänden.