„Man sieht die Armut in der Stadt“
Es sind ernüchternde Zahlen, die Frank Polixa vorstellte: Trotz sinkender Arbeitslosenzahlen sei die Armut in Mönchengladbach immer noch hoch, so der Geschäftsführer des Caritasverbandes Region Mönchengladbach. Jedes dritte Kind in Mönchengladbach wächst in einem Haushalt mit Empfängern von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II auf. Diese Zahl zitierte Polixa aus dem Quartiersbericht der Stadt. Die größte Armut ist in Rheydt: Hier haben 51,2 Prozent der Einwohner einen Migrationshintergrund, und die SGB-II-Quote der Kinder liegt bei 49,6 Prozent. Das ist der höchste Wert in der ganzen Stadt.
"Wer mit offenen Augen durch den Stadtteil geht, sieht die Armut: Viele Menschen betteln, sind obdachlos, Geschäfte schließen", sagte Frank Polixa. Auch in Schmölderpark, Waldhausen, Dahl, Mülfort, Gladbach oder Westend lebten viele arme Menschen, während am Wasserturm, aber auch in den Außengebieten, wie Giesenkirchen, Hardt, Hehn oder Wickrath, die Armut weniger spürbar sei. "Die Schere in der Stadt wird immer deutlicher", so Polixa, "deshalb ist eine gute Schuldnerberatung vor Ort sehr wichtig."
Seit Jahrzehnten unterhält der Caritasverband eine Schuldner- und Sozialberatung, die aus einer ehrenamtlichen Initiative entstanden ist. Mit einer hauptamtlichen Mitarbeiterin, deren Stelle zehn Wochenstunden umfasst, und einem ehrenamtlichen Mitarbeiter mit drei bis fünf Wochenstunden wurde und wird ein hohes Pensum gestemmt. Darüber berichtete Mareile Maukel, die einen kurzen Überblick über die Arbeit und die Beratungszahlen gab. In den ersten neun Monaten des Jahres 2018 wurden bereits 37 Schuldnerberatungen und 85 Kurzberatungen durchgeführt sowie ein Insolvenzverfahren eingeleitet. Die Beratungszahlen lagen schon im Herbst höher als im gesamten Jahr 2017. Die Ursachen für die Verschuldung seien weiterhin Arbeitslosigkeit, Scheidung und "unseriöse" Kreditangebote, aber auch falsches Konsumverhalten, Naivität und Beziehungsabhängigkeit, erläuterte Mareile Maukel.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Jahrestreffens tauschten sich intensiv über das Thema aus. Viele von ihnen engagieren sich in den Pfarrgemeinden der Region; häufig kommen arme Menschen zu ihnen in die Beratung. Die in den Pfarren Tätigen wünschen sich eine bessere Vernetzung, um zu wissen, wo es welche konkreten Hilfsangebote und Ansprechpartner für Hilfesuchende gibt. Hinzu kommt, dass es in der ehrenamtlichen Sozialberatung in den Pfarren inzwischen an Nachwuchs fehlt.
Dazu stellte Hildegard van de Braak, Bereichsleiterin Soziales und Familie beim Caritasverband, das geplante Projekt der gemeindenahen Sozialberatung vor. Die Idee, die in der pastoralen Caritaskonferenz entstanden ist: Eine hauptamtliche Sozialarbeiterin oder ein Sozialarbeiter des Caritasverbandes soll künftig die Gemeinschaften der Gemeinden (GDG) Rheydt-Mitte, Rheydt-West, Mönchengladbach und die Pfarre St. Benedikt in dem Bemühen unterstützen, ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen und den Ratsuchenden noch besser zu helfen. Die ehrenamtlich Engagierten werden nämlich mit immer neuen und komplexeren Fragen konfrontiert, die sie vielfach nicht beantworten können.
Das Projekt der gemeindenahen Sozialberatung setzt genau hier an. Die vier Gemeinden, in denen überdurchschnittlich viele Menschen von Armut betroffen sind, arbeiten bereits seit vielen Jahren mit dem Caritasverband zusammen. Das geplante Projekt, für das Mittel des Bistums beantragt worden sind, verbinde dezentrale Beratung vor Ort mit fachlicher Zentralisierung, erläuterte Hildegard van de Braak. Die hauptamtliche Fachkraft sichere Unterstützung, Wissenstransfer und Begleitung, heißt es in der Projektbeschreibung. "Wir bringen unsere Fachexpertise ein und Sie ihre Erfahrungen vor Ort", sagte Frank Polixa am Ende der Veranstaltung.