Vom Caritasdirektor zum Pfarrer „in Reichweite“
Wie sieht Ihr Alltag seit dem 2. Januar aus?
Etwas ruhiger und gelassener als im letzten Jahr. Jetzt habe ich keine täglichen Besprechungen und fast keine Sitzungen, Konferenzen und Tagungen mehr. Das ist sehr entlastend! Ich habe Zeit für Muße, vor allem Zeit zum Lesen.
Sie sind jetzt ehrenamtlich Caritas-Präses. Worin besteht Ihre Aufgabe?
Grundsätzlich darin, dem Caritas-Geist nachzuspüren und ihn umzusetzen. Bei meiner Tätigkeit als Direktor im operativen Geschäft kam das bislang zwangsläufig häufig zu kurz. Ich fahre wie bisher zu Verabschiedungen und Einführungen, Segnungen und Einweihungen mit Gottesdiensten und Ansprachen in die Caritaseinrichtungen. Jetzt habe ich mehr Zeit, mit den Menschen zu sprechen. Ich kann mehr seelsorgliche Einzelgespräche führen, wenn Mitarbeitende diese wünschen. Es ist insofern eine Tätigkeit, die mich pastoral, liturgisch und spirituell herausfordert. Ich freue mich, dass ich diesen besonderen caritativen Dienst weiterhin leisten kann.
„Jetzt habe ich mehr Zeit, mit den Menschen zu sprechen.“
Wie sehen sie es, dass in Zukunft zwei Laien an der Spitze unseres katholischen Wohlfahrtsverbandes stehen?
Eichstätt war bisher einer der wenigen Diözesan-Caritasverbände, die von einem geistlichen Caritasdirektor geleitet wurden. Von daher ist das nichts Ungewöhnliches. Ich denke, es ist gut, wenn von unserem zweiköpfigen Vorstand nun einer betriebswirtschaftliche Fachkenntnisse und der andere sozialpädagogische sowie sozialpolitische Kompetenzen hat. Dadurch ist der Vorstand für eine Zeit zunehmender gesellschaftlicher Herausforderungen umfassend qualifiziert.
Vom Pfarrer zum Caritasdirektor: Was war für Sie die größte Umstellung oder auch die überraschendste Entdeckung?
Als Dompfarrer hatte ich vielfältige pastorale Dienste und ein umfangreiches Gemeindeleben. Als das wegfiel, war es schon eine Umstellung. Doch dafür lernte ich wiederum mannigfaltige Dienste der Caritas kennen, die mir vorher gar nicht so bewusst waren: gleich zu Beginn meiner Amtszeit zum Beispiel die vielfältigen Förderungen von Menschen in schwierigen sozialen Lebenslagen in verschiedenen Berufen bei den Caritas-Wohnheimen und Werkstätten in Ingolstadt. Oder auch im Caritas-Zentrum St. Vinzenz Ingolstadt das alltägliche Zusammenleben von erwachsenen Menschen mit Behinderung in den Wohngruppen St. Anna. Da ich zuvor eher mit Kindern und Jugendlichen mit Handicap zu tun hatte, war das durchaus eine neue Erfahrung für mich.
Wie empfanden Sie Ihre Zeit als Caritasdirektor auf den Punkt gebracht?
Für mich war das eine spannende Zeit, manchmal auch eine aufregende Zeit, aber in erster Linie eine schöne und erfüllte Zeit.
Gibt es ein Erlebnis, das Ihnen aus dieser Zeit vor allem in Erinnerung geblieben ist?
Ja, auch das war ein Ereignis im Umgang mit Menschen mit Behinderung zu Beginn meiner Amtszeit: Ich war eingeladen, einen Gottesdienst bei Regens Wagner Holnstein zu halten. An diesem Gottesdienst hatten die dort Betreuten so gut und begeistert mitgewirkt, dass ich am Ende einfach zu ihnen sagte: „Macht’s weiter so.“ Darauf erwiderte spontan eine ältere Frau: „Du auch!“ Dieses Erlebnis werde ich nicht vergessen.
„Für mich war das eine spannende Zeit, manchmal auch eine aufregende Zeit, aber in erster Linie eine schöne und erfüllte Zeit.“
Gibt es etwas Besonderes, was Sie im Ruhestand noch vorhaben?
Ich bleibe nach wie vor in pastoralen Diensten engagiert, stehe zum Beispiel für Gottesdienste, Taufen oder Hochzeiten zur Verfügung. Als Pfarrer i.R. werde ich grundsätzlich „in Reichweite“ sein. Doch ich möchte auch noch die eine oder andere Wallfahrtsstätte besuchen, die ich noch nicht kenne.