Nichts geht mehr
Und nicht nur das: auch sein Haus, seine Frau und die beiden Kinder - alles weg. "Das Spielen hat mein Leben fast zerstört, das habe ich viel zu spät erkannt", sagt Manfred (Name geändert). Seit knapp einem Jahr kommt er wöchentlich zu Angelika Betz in die Caritas-Fachambulanz Cham. In Gesprächen mit der Diplom-Psychologin versucht er, sein Suchtverhalten in den Griff zu bekommen; bisher erfolgreich: Seit nunmehr neun Monaten hat Manfred nicht mehr gespielt.
Versuchung am Arbeitsplatz
"Das ist schon ein Glücksfall, dass er es nur durch die Beratung geschafft hat, nicht mehr zu spielen", sagt Angelika Betz. Sie erklärt, dass der Entzug, anders als bei alkohol- oder tablettenabhängigen Menschen, bei Glücksspielsüchtigen lediglich im Kopf stattfinde. Ihr Ziel sei es daher, ihre Klienten zu einer stationären Therapie zu motivieren, bei der es dann um ein tatsächliches Umdenken und eine Verhaltensänderung geht. Auch Manfred empfiehlt sie einen Aufenthalt in einer entsprechenden Klinik. Denn an manchem Arbeitstag wird Manfreds Abstinenz auf eine harte Probe gestellt: Der Suchtkranke ist in der Glücksspielbranche beschäftigt.
Dieser Job habe ihn schließlich auch abhängig "vom Zocken" gemacht, sagt Manfred. Nach der Grenzöffnung zu Tschechien war er erstmals als 19-Jähriger gemeinsam mit seinen Kumpels in ein tschechisches Casino gefahren. "Mit der Clique machten wir uns dann so zwei- bis dreimal im Monat einen schönen Casinoabend in Tschechien." Jahrelang ging das so. "Zuerst war es nur Spaß", erinnert Manfred sich. Er sah, wie viel man gewinnen konnte, wenn man etwas riskierte. Und das tat er dann
auch. Immer höher wurden seine Einsätze beim Roulette. "Der Kick war eben nur noch da, wenn teuer gespielt wurde", sagt Manfred. Es faszinierte ihn, innerhalb von zwei Stunden um 30.000 Euro reicher werden zu können. Dass die gleiche Summe genauso schnell verloren gehen kann, blendete er aus.
Zocken bis zum letzten Cent
Ein derartiger Kontrollverlust sei typisch bei pathologischen Glücksspielern, erläutert Angelika Betz. "Die können nicht sagen: Heute schmeiße ich nur fünf Euro in den Automaten, sondern spielen so lange, bis der Geldbeutel leer ist." Das ist nun auch bei Manfred der Fall. "Jetzt weiß ich, wie es ist, wenn man jeden Cent umdrehen muss", sagt er. Momentan sind seine Einnahmen geringer als die Ausgaben, die vor allem aus Rückzahlungen von geliehenem Geld bestehen. Bald aber wird sich seine finanzielle Situation wieder bessern. Ob er dann immer noch widerstehen kann, wenn seine Kumpels ihn fragen: "Kommst du mit zum Zocken?" Manfred meint: "Ich bin da ganz rigoros. Im Casino spielen ist für
mich tabu." Mit seinen Kumpels zum Schafkopfen treffen will er sich allerdings weiterhin. Und seinen Arbeitsplatz will er auch behalten. "Es ist immer noch mein Traumberuf", sagt er.
Zusatzinfo: Ambulant gegen Sucht
Seit Frühjahr 2011 betreibt der Caritasverband für die Diözese Regensburg eine eigenständige Fachambulanz für Suchtprobleme in Cham in der Klosterstraße 13. Seitdem haben dort viele Menschen Hilfe gesucht: 2012 kamen bereits 89 Menschen zur Beratung, davon zehn Glücksspielsüchtige. Nach Schätzungen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sind bundesweit rund 540.000 Menschen von pathologischem Glücksspielverhalten betroffen; die meisten sind Männer.
Mehr Informationen zur Suchtberatung des Caritas-Suchthilfeverbundes Ostbayern:
www.suchthilfe-ostbayern.de