Die Menschen im Blick behalten
Am Anfang war sie ganz alleine. Nach und nach kamen immer mehr Patienten und Mitarbeiter dazu. Fast 22 Jahre leitete Schwester Hildegard Nowak aus Großräschen die dortige Caritas-Sozialstation St. Martin und gehört damit zu den Mitarbeitern, die beim Aufbau der ambulanten Altenhilfe nach der Wende mit dabei waren. Am 30. Juni ging sie in den Ruhestand.
Neue Aufgabe sehr verlockend
Hildegard Nowak hat Höhen und Tiefen in ihrem Berufsleben mitgemacht. Die gebürtige Großräschenerin lernt Krankenschwester in Merseburg (heute Sachsen-Anhalt), kehrt danach in die Lausitz zurück und arbeitet im Krankenhaus Senftenberg. Später wird sie Abteilungsschwester in der Poliklinik ihres Heimatortes. Die Poliklinik verschwand nach der Wende ebenso wie der Beruf der Gemeindeschwester, die DDR-Version der ambulanten Altenhilfe. Deshalb ist sie dem Ruf ihres damaligen Pfarrers Bernhard Kirschstein und der Caritas gefolgt, die den Aufbau einer Sozialstation vorangetrieben haben. "Eigentlich wollte ich wieder im Krankenhaus arbeiten", erzählt sie, "aber die neue Aufgabe war sehr verlockend." Bereut hat sie diesen Schritt nicht, denn es gab viele Menschen, die sie unterstützten. Die Zusammenarbeit mit Ärzten und Krankenhäusern hebt sie dabei besonders hervor.
Weg nicht immer einfach
Über 20 Jahre nach der Gründung der Sozialstation in Großräschen hat Schwester Hildegard die Verantwortung für 35 Mitarbeiter und 250 Patienten. Hinzu kommt ein Betreuungsangebot für demenzkranke Menschen, das fast ausschließlich von insgesamt zehn Ehrenamtlichen getragen wird. Die Sozialstation, die nicht nur die Stadt Großräschen, sondern auch viele kleine, umliegende Ortschaften versorgt, hat einen guten Klang in der Region. "1,0 in der letzten Prüfung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen", berichtet Schwester Hildegard stolz. Der Weg dorthin war nicht immer einfach, erinnert sich die Pflegedienstleiterin, sieht aber die Entwicklung der ambulanten Altenhilfe positiv. Ein großer Einschnitt sei die Einführung der Pflegeversicherung Mitte der 90-er Jahre gewesen. "Das schuf aber Gerechtigkeit für die bedürftigen Menschen", ist sie überzeugt. Denn mit den "Pflegestufen" gab es von nun an klare Kriterien, die die Pflege für einen Menschen festlegten.
Lebenswerk in guten Händen
Eine kleine Träne des langsamen Abschieds rollt dann doch über die Wange. Kein Wunder, denn Schwester Hildegard hat für die Sozialstation gelebt. Im Ruhestand will sie alles das genießen, wozu bisher weniger Zeit war: Lesen, Gymnastik und "Nordic-Walking" mit der Sportgruppe, aber vor allem das Zusammensein mit ihren Enkeln. Sie kann sich auch gut vorstellen, ehrenamtlich in der Tagesbetreuung tätig zu werden. Den Jüngeren in ihrem Beruf rät sie, die Menschen, die Hilfe brauchen, im Blick zu behalten - das müsse Vorrang haben, auch wenn der Wind ab und zu ins Gesicht bläst und der wirtschaftliche Druck größer wird. Ihr Lebenswerk weiß Schwester Hildegard aber in guten Händen, denn ihre langjährige Stellvertreterin, Schwester Karin Lachmann, hat ab Juli die Pflegedienstleitung der Sozialstation St. Martin übernommen.
INFO:
Caritas-Sozialstation St. Martin
Karl-Liebknecht-Straße 30
01983 Großräschen
Telefon: 03 57 53 60 50
E-Mail: sozialstation.grossraeschen@caritas-senftenberg.de