Der Mann für die kniffligen Fälle
Doch damit hat sich Haimerl längst arrangiert. Die spastischen Krämpfe und die damit verbunden Schmerzen kennt er schließlich lange genug: "Ein Arztfehler bei der Geburt. Ich habe zu wenig Sauerstoff bekommen, weil man nicht erkannt hatte, dass wir Zwillinge waren." Für seine Beratungsaufgabe nutzt Haimerl ein Büro der katholischen Pfarrei St. Thomas im Münchner Stadtteil Oberföhring, in deren Auftrag er aktiv ist. Fachliche Rückbindung erhält er vom Freiwilligenzentrum Ost des Caritasverbandes der Erzdiözese München und Freising. Die meisten Beratungsgespräche führt Haimerl am Telefon. Feste Sprechstunden lehnt er ab, "denn ich will gleich da sein, wenn mich jemand braucht".
Menschen mit Behinderung wollen was tun
Für sein freiwilliges Engagement erhält Haimerl viel Anerkennung. "Das gefällt mir, denn Geld ist bei weitem nicht so wichtig wie Lob und Dankbarkeit. Es gibt doch nichts Schöneres, als Menschen zu helfen", erklärt der Frührentner, der 30 Jahre lang Möbel in einem Einrichtungshaus verkauft hat und aufgrund seiner Behinderung und den damit verbundenen Schmerzen schon mit 48 Jahren in den Ruhestand gehen musste. "Ich bin so gerne in die Arbeit gegangen. Menschen mit Behinderung wollen beschäftigt sein und nicht der Gesellschaft zur Last fallen." Das ist seine Lebenshaltung, die er auch an seine Klienten weitergibt, die manchmal täglich seinen Rat suchen.
Über Formularen brüten, falsche Stühle entlarven…
So auch Luise (Name verändert), die mit 50 Jahren an Krebs erkrankt ist und sich nicht um ihre Rentenpapiere gekümmert hat, weil sie dachte, dass sie die Krankheit nicht überleben wird. "Mit 60 stand sie ohne Rente da und wir haben stundenlang ganze Stapel von Anträgen ausgefüllt, damit alles wieder in Ordnung kommt", erzählt Haimerl. Zwei Wochen später sei alles erledigt gewesen.
Bei den meisten Beratungen geht es um komplizierte Behördenangelegenheiten wie Anträge beim Versorgungsamt, um den Grad der Behinderung festzustellen, oder Anträge auf Rente oder Erwerbsunfähigkeitsrente bei schweren Krebserkrankungen oder nach Unfällen. Da hilft Haimerl schnell und unbürokratisch. Das hat er auch bei einer jungen Frau mit Beinprothesen getan, die kurz vor der Kündigung ihres Arbeitsplatzes stand, weil sie zu oft krank war. Haimerl besuchte sie am Arbeitsplatz, schaute sich mit geschultem Blick um - und hatte das Problem schnell gefunden: Alles in Ordnung, nur nicht ihr Stuhl. Der war ungeeignet für ihre Prothesen. Deshalb hatten sich die Beinstümpfe der Frau immer wieder entzündet. "Stuhl verändert, Problem gelöst. So einfach ist das manchmal", stellt Haimerl fest und lächelt.
Nie den positiven Blick auf die Welt verlieren
Seinen Einsatz und seine Fähigkeiten schätzt auch Yvonne Möller vom Freiwilligen-Zentrum Ost. Dort werden Freiwillige professionell begleitet, ehrenamtliche Aufgaben vermittelt sowie Erfahrungsaustausch und Fortbildungen organisiert. Möller bespricht sich regelmäßig mit Karl Haimerl, wenn es irgendwo hakt. Sie freut sich, dass er durch sein Beispiel anderen Menschen mit Behinderung deutlich macht, dass auch sie sich sozial engagieren können.