"Wie wertvoll ist uns die ambulante Pflege?"
Liebe Leserin, lieber Leser,
"Weil Helfen glücklich macht", diese Titelüberschrift auf dem Magazin 3/2012 der Bertelsmann-Stiftung hat mich an das Leuchten in den Augen so mancher Krankenschwester in den Caritas-Sozialstationen erinnert, wenn sie stolz über ihre Arbeit berichteten und liebevoll von ‚meinen Omi’s’ sprechen. Ich weiß, eingefleischten Gender-Beauftragten stehen bei dieser Bezeichnung gleich alle Haare zu Berge. Aber in der Art, wie es gesagt wird, steckt so viel Liebe und Wertschätzung gegenüber dem Menschen, dass wohl keiner ernsthaft an Diskriminierung denkt.
Die pflegerische Betreuung der meist älteren Menschen leisten in unserer Gesellschaft immer noch überwiegend Familienangehörige und zunehmend professionalisierte ambulante Pflegedienste. Wer es hören will, wird es deutlich vernehmen. Viele Pflegedienste sind an ihre wirtschaftlich-organisatorischen und viele Mitarbeitende in der Pflege an ihre persönlichen Grenzen gekommen. Dabei geht es meist um Zeit: Minuten und Sekunden für einzelne Pflegeleistungen, für Fahrstrecken durch landschaftlich reizvolle Gegenden, für Dokumentation und Qualitätssicherung. Dazu kommen Erwartungen, was die Krankenschwester für die Patienten, die Angehörigen, die Ärzte und so weiter alles in dieser Zeit mitleisten soll.
In den gesellschaftlichen Leitbildern zur Pflege steht der Grundsatz "Ambulant vor stationär!" ganz oben. Wo aber steht die ambulante Pflege in der Wertigkeit, in der medizinischen und pflegerischen Leistungskette und wie erfolgt die Wertschätzung in den Finanzierungsstrukturen?
In einer lauten Gesellschaft werden oft die leisen Töne überhört. Ohne Säbelrasseln scheinen gesellschaftliche Kompromisse kaum zu erzielen zu sein. Wenn wir gesellschaftlich nicht schnell die Augen öffnen, werden die Augen der Krankenschwestern in der ambulanten Pflege kaum noch leuchten. Säbelrasseln liegt weder in der Natur noch in den Möglichkeiten ambulanter Pflege. Wenn Pflegedienste - wie am 3. September in Berlin - für bessere Rahmenbedingen auf die Straße gehen, sollte dies tief nachdenklich stimmen. Zwar sind es primär die Kranken- und Pflegekassen und die Sozialhilfeträger, die die Rahmenbedingungen der ambulanten Pflege mit setzen. Im Letzten ist es der gesellschaftliche und politische Wille. Hand aufs Herz: Was ist Ihnen die ambulante Pflege wert?
IHR MATTHIAS SCHMIDT