Mit Engagement bezahlen
Studieren ist ganz schön teuer: Die meisten Hochschulen liegen in Städten, die begehrt und deren Mietpreise darum auch gehoben sind. 300 Euro für ein Zimmer sind eher wenig, wenn man sich umhört. Auch die Zimmer in den Heimen der Studentenwerke sind kaum billiger. Viele jungen Leute müssen sich für ihr Studium sogar verschulden, um einen Abschluss zu bekommen.
dabei kann man in etlichen Unistädten sehr günstig wohnen und sich die Miete durch eigene Arbeit quasi selbst verdienen: durch "Wohnen für Hilfe". Wie Kristina Löchel.
Sie hat ein Zimmer mit 24 Quadratmetern, teilt sich das Bad mit einer Kommilitonin ebenso wie eine Kochnische. Bezahlen muss sie nur Heizkosten und Strom, denn pro Quadratmeter arbeitet sie monatlich jeweils eine Stunde im Garten der Vermieterin Dietlinde S. Im Winter, wenn kein Unkraut zu jäten und keine Äpfel zu ernten sind, schippt sie auch mal Schnee oder stellt die Mülltonnen zur Abholung an die Straße. Ist das Arbeit? Das ist Leistung und Engagement und deswegen wertvoll für die Vermieterin. Sie ist 84 Jahre alt, würde sonst alleine im Haus wohnen. Der Ehemann ist gestorben und die eigenen Kinder längst erwachsen und andernorts wohnhaft.
Gemeinsam gelebt und gelernt
"Erfahren habe ich von Wohnen für Hilfe in Freiburg durch eine Freundin in Hamburg: Die hatte auch hier im Süden studiert. Und dann war es eines von drei Angeboten, das gerade frei war", berichtet Kristina. Es war ihr erster Auszug von zu Hause und sie hatte gar nicht groß geplant. Damals war die Studentin 20 und begann mit Sport, Englisch und Deutsch. Heute ist sie 25 und steht kurz vor dem Referendariat als angehende Lehrerin: "Ich habe fast fünf Jahre hier gelebt, zeitweilig noch mit zwei weiteren Studentinnen dabei." Mit denen konnte sie Prüfungsstress und Gartenarbeit teilen, Freizeitangebote gemeinsam nutzen: "Alleine hätte ich mich genauso wohlgefühlt." Angenehm war ihr auch der Kontakt mit der Vermieterin, man hat sich täglich gesprochen, manchmal gemeinsam gegessen. "Es war gut zu wissen, dass man nicht alleine ist. Ich habe viel mitbekommen, was hier so anders als bei mir zu Hause in Hamburg ist, nicht nur die Sprache. Und ich habe hier sogar Kontakt mit Nachbarn bekommen."
Viele Vorteile, zumal sich Befürchtungen nicht bewahrheiteten: "Eine Studienkollegin hatte Angst, dass sie in einer Familie dann 24 Stunden am Tag babysitten muss." Das Problem ist die mangelnde Bekanntheit, findet Kristina Löchel: "Die meisten Studenten wissen gar nichts vom Projekt: Ich habe vielen von Wohnen für Hilfe erzählt und war immer überrascht, dass niemand davon wusste. Dabei stößt das gleich auf Interesse: Freunde von mir haben sich sofort in ihrer Unistadt Wismar erkundigt - leider gibt’s das dort nicht."
Wohnen für Hilfe gibt es in:
Aachen, Bamberg, Berlin, Bielefeld, Darmstadt, Frankfurt/Main, Freiburg, Gießen, Göttingen, Hamburg, Heidelberg, Jena, Karlsruhe, Kiel, Köln, Marburg, München, Münster, Osnabrück, Saarbrücken,
Siegen, Stuttgart, Tübingen, Würzburg
Mehr dazu: www.wohnenfuerhilfe.info