Eisessen und andere Probleme
In jeder Familie herrscht nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen. Aber wenn dort Konflikte ungelöst brodeln oder ungebremst ausgetragen werden: Dann bekommen es die ehrenamtliche Familienpaten des SKM in Aachen mit. Ob sie es wollen oder nicht.
Sie entlasten Familien, nehmen deren Kinder mal mit auf einen Ausflug, in den Zirkus oder helfen auch bei Hausaufgaben. Nicht nur beim Abholen und Zurückbringen kommen sie dann auch mal mit in die Wohnung, in die Familie. Kurz vielleicht nur, aber doch lang genug, um eventuell etwas Auffallendes, Bedrückendes, Problematisches wahrzunehmen. Wie sollen sie damit umgehen?
„Auf jeden Fall nicht alleine“, sagt Eva-Maria Wagner, die hauptamtliche Koordinatorin der Familienpaten. „Wir stehen mit den Paten in ständigem Kontakt und da kann alles zur Sprache gebracht werden.“ Ob ein Engagierter sich peinlich berührt fühlt vom Ehekonflikt in der betreuten Familie und sich deswegen aus einem noch relativ jungen Kontakt wieder zurückziehen möchte, oder ob ein Ehrenamtlicher gemeinsam mit den Eltern, der Koordinatorin und vielleicht gar der Erziehungsberatung konstruktiv und zukunftsorientiert am einmal entdeckten Thema mitarbeitet: Alles ist möglich, der Ehrenamtliche entscheidet.
Hier gilt niemand als Petze
Wenn das Problem zu belastend ist, geht Koordinatorin Wagner auch allein mit den Eltern in ein Gespräch: „Wir lassen uns von den Familien vor der Vermittlung von Paten deren Entbindung von der Schweigepflicht schriftlich zusichern. Damit der Ehrenamtliche nicht das Gefühl hat: Ich bin doch ein Vertrauter – jetzt werde ich zum Verräter. Die Patenrolle muss gewahrt bleiben.“ Damit die Freiwilligen nicht an ihre eigenen Grenzen und in die Überforderung gebracht werden.
In jedem dritten der 60 laufenden Patenschaftsverhältnisse sind Eva-Maria Wagner und ihre Kollegin Marion Scheins schon mal auf zusätzlichen Hilfebedarf durch die derzeit 74 Paten hingewiesen worden.
Hilfe in existenzieller Not
Finanzielle Not spielt bei der familiären Überforderung oft eine Rolle, Streit, aber auch Erziehungskonflikte. Da können schnell Kollegen helfen, Erziehungs-, Ehe- und Schuldenberatung von Kirche und Caritas. Damit die Ehrenamtlichen ihrer Einschätzung auch trauen können, dazu werden sie vom SKM nicht nur ständig gut beraten, sondern fit gemacht und fortgebildet – auch in schwierigen Themen wie dem psychischer Erkrankung von Eltern.
Das ist auch nötig. Durch die ehrenamtlichen Paten kann die professionelle Hilfe schnell und, bevor Schaden entstanden ist, angeboten werden. In 18 der 60 von Paten entlasteten Familien werden fachliche Hilfen zur Erziehung geleistet, die aus dem Sozialetat der klammen Stadt Aachen finanziert werden. Die präventiv heilsame Familienpatenschaft ist keine kommunale Pflichtleistung, deshalb bleibt der SKM auf Kosten von jährlich 90.000 Euro sitzen. Für 2012 springt der Verband nebst kirchlichen Finanziers ein. Dafür werden freigiebige Spender gesucht. Der Beitrag der Stadt beschränkt sich auf warme Worte auf der städtischen Internetseite Aachen.de: Ruhm, von dem man leider nicht abbeißen kann. 58 weitere Familien suchen gerade dringend Paten. Mehr als ein Platz auf der Warteliste ist derzeit nicht drin.
Weitere Informationen: www.familienpatenschaften-aachen.kibac.de