Pflegenotstand ist Ausdruck von Fachkräftemangel
Der Fachkräftemangel in Bezug auf Pflege wird vielfach als Pflegenotstand bezeichnet. In anderen Branchen ist nie die Rede von IT Notstand, Ingenieurenotstand oder Handwerkernotstand. In diesen Berufen ist der Begriff des Fachkräftemangels gebräuchlich.
Der Leiter des Referates Pflege, Josif Cvetkovski, erklärte jetzt öffentlich: "Pflegenotstand ist Ausdruck von Fachkräftemangel. Wenn in den Medien der Fachkräftemangel mit Bildern untermauert wird, sind meistens große Maschinen, blinkende Lämpchen, Menschen mit Schutzhelm auf Baustellen zu sehen. Sehr selten Bilder mit Symbolcharakter, der den Beruf Altenpflege zum Ausdruck bringt." Cvetkovski beobachtet, dass negativ besetzte Zuschreibungen mit dem Pflegeberuf in Verbindung gebracht werden: Dabei ist der Fachkräftemangel die Hauptursache dafür, dass dieses Negativimage so sehr im Vordergrund steht.
Cvetkovski betont die vielen positiven Seiten: "Der Pflegeberuf bietet sichere Jobs, viele Einsatzmöglichkeiten und Aufstiegsmöglichkeiten im Beruf bis hin zum akademischen Abschluss." In der öffentlichen Debatte warnt Cvetkovski vor einer Fehleinschätzung: "Es entsteht der irreführende Eindruck, dass die Schaffung 8.000 zusätzlicher Stellen auf einen bereits gedeckten Bedarf hinzukämen. Dabei ist der aktuelle Bedarf deutlich höher." Nach einer aktuellen repräsentativen Umfrage von Heim- und Pflegeleitungen durch das Deutsche Institut für angewandte Pflegforschung (DIP) können derzeit 17.000 offene Stellen in Pflegeheimen und weitere 21.000 Stellen in der ambulanten Altenpflege nicht besetzt werden.
Selbst bei einer Schaffung dieser 8.000 Stellen sieht Cvetkovski kaum Entlastung: "Für die ca. 13.000 Pflegeheime in Deutschland würde je eine Stelle mit einem Beschäftigungsumfang von 60 Prozent zur Verfügung stehen, das sind ca. 23,5 Wochenstunden. Bei dieser Betrachtung sind die ambulanten Pflegedienste noch gar nicht berücksichtigt, die auch Pflegepersonal suchen."
Die öffentlichen Äußerungen in der jüngsten Vergangenheit bezogen auf Fachkräftemangel im sozialen Bereich vermittelten den Eindruck, dass in Deutschland der "Start ins Leben" und das "Lebensende" besonders schwierig seien. "Das Fehlen tausender Stellen für die frühkindliche Erziehung und Betreuung und das Fehlen tausender Stellen in der Altenpflege untermauern diesen Eindruck. Sind unserer Gesellschaft ihre schwächsten Mitglieder tatsächlich so egal?", fragt Cvetkovski.