Familienunternehmerin im Auftrag der Nächstenliebe
Vom heimischen Wohnzimmer aus führt Gabriele Pollert das Familienunternehmen. "Mein Mann ist Hauptgesellschafter und ich bin Geschäftsführerin." Für die Mitarbeiter sei es ganz normal, dass sie für Besprechungen in das Privathaus der Pollerts kämen. Bald wird der Weg aber ein anderer sein: Die Theophanu gGmbH ist mittlerweile so gewachsen, dass sich Gabriele Pollert nach externen Geschäftsräumen umschaut. "Außerdem möchte ich mich langsam rausziehen aus dem Alltagsgeschäft", sagt sie. Einen Teil der Geschäftsführung hat sie deshalb bereits abgegeben.
Die 61-Jährige schildert ruhig und besonnen den Weg, den sie für und mit Theophanu bis heute gegangen ist; in ihren Gesten und Worten liegt eine hohe Verbindlichkeit. Man spürt, warum es normal ist, sich zu geschäftlichen Besprechungen in ihrem Wohnzimmer zu treffen: Gabriele Pollert ist ein Voll-Profi.
Alles begann mit einem berufsbedingten Umzug des Ehemanns aus Süddeutschland nach Berlin. Gabriele Pollert war zu der Zeit noch als Geschäftsführerin bei einem Orts-Caritasverband im Erzbistum Freiburg tätig. Den Tapetenwechsel nutze sie, um sich beruflich zu verändern. Die promovierte Erziehungswissenschaftlerin und Sozialarbeiterin entschied sich für ein ökonomisches Fernstudium und schrieb ihre Abschlussarbeit über Interimsmanagement. Es folgte ein kurzer beruflicher Abstecher als Interimsmanagerin in Berlin. Ihre Erfüllung fand Gabriele Pollert darin nicht. Also schaute sie sich nach etwas Neuem um. "Ich habe gemerkt, dass im katholischen Bereich Schulsozialarbeit fehlt." In ihr reifte der Plan, daran etwas zu ändern. "Schließlich gab es bei mir Erfahrungswerte aus Freiburg. Auch dort habe ich Schulsozialarbeit mit angestoßen." Dazu kam das Angebot ihres Mannes, dessen Firma an die Börse ging und den Mitarbeitern Aktien ausgegeben hatte: "'Den möglichen Gewinn bekommst Du, um Soziales aufzubauen', sagte mein Mann."
Der Ertrag war ordentlich und Gabriele Pollert brachte mit der Theophanu gGmbH Sozialarbeit an katholische Schulen im Erzbistum. Begegnete man ihr im Erzbischöflichen Ordinariat noch mit Skepsis, wurde sie dagegen von den Schulleitern mit offenen Armen empfangen. "Es war und ist erstaunlich zu sehen, wie schnell die Schulen, die sonst immer mit Platzproblemen kämpfen, uns Räumlichkeiten und eine technische Infrastruktur stellen können", sagt Pollert.
Die engagierte Christin schafft es, dass die Theophanu gGmbH sich innerhalb von fünf Jahren dank guter Zinsen, Sponsoring und öffentlicher Gelder zu einem stabilen und zuverlässigen Kinder- und Jugendhilfeträger entwickelt. Nun scheinen auch die Verantwortlichen im Ordinariat überzeugt und übernehmen einen Teil der Personalkosten. Gabriele Pollert hatte sich selbst bis zu diesem Zeitpunkt noch kein Gehalt gezahlt. "Ich bin in der komfortablen Lage gewesen, nicht darauf angewiesen zu sein", erklärt sie ihren ehrenamtlichen Einsatz und scheint nicht viel Aufhebens darum machen zu wollen.
Nicht nur katholische sondern auch immer mehr staatliche Schulen nimmt sie schließlich mit ihrer Theophanu erfolgreich ins Visier sowie die Trägerschaft der Kita Senfkorn e.V., einer christlichen-Montessori Kindertagesstätte in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft, die sie ebenfalls konzeptionierte und aufbaute.
Im Mai feiert Gabriele Pollert mit Theophanu das zehnte Jubiläum. Stolz schaut sie zurück auf das, was sie erreicht hat und bereitet einen geordneten Rückzug aus der Geschäftsführung vor. "Im letzten Sommer habe ich gemerkt, dass es doch zu viel wird", räumt die 61-Jährige ein. Neben der Theophanu-Arbeit ist sie unter anderem auch Vorstands-Vorsitzende bei IN VIA Berlin und Vorstandsmitglied der CDU in Frohnau. Trotzdem sagt sie: "Ich fühle mich nicht im Stress." Nichtstun gehe nicht, aber bei Theophanu schickt sie künftig andere in die erste Reihe. Verbunden bleibt sie ihrem "Kind" trotzdem: "2015 haben wir eine Stiftung gegründet, die als Gesellschafter der Theophanu eingesetzt wird und immer von einem Familienmitglied geleitet wird." Denn die Historie der Theophanu gGmbH ist eng mit der persönlichen von Gabriele Pollert verknüpft und soll es auch bleiben. "Das ist ein Teil von mir", sagt sie selbst.
Die Diplompädagogin freut sich auf mehr Radfahren und Schwimmen. Auch der Ehemann hat ein wenig mehr gemeinsame Freizeit eingefordert. Doch Stagnation ist nicht ihr Ding. "Ich bin ein innovativer Mensch. Gerade zum Thema Bildung und Erziehung habe ich noch viele Ideen." Eine Willkommensklasse für geflüchtete Frauen mit dem Ziel, sie in soziale Berufe zu bringen, ist zum Beispiel eine davon.
Das Engagement und die Bildung für Frauen liegen Gabriele Pollert besonders am Herzen. Das findet sich auch in der Bedeutung des Namens Theophanu wieder. Ihr Kinder- und Jugendhilfeträger sollte unbedingt einen weiblichen Namen tragen und geht nun auf eine byzantinische Prinzessin zurück, die als Gattin Kaisers Otto II. sich besonders für die Bildung ihrer Töchter und des Sohnes Otto III. einsetzte.
Antrieb und ständiger Begleiter in Gabriele Pollerts Wirken ist die Caritas als tätige Nächstenliebe. "Von den vier Grundvollzügen der Kirche ist Caritas meine Sache und mein Beitrag", erklärt die überzeugte Christin. Somit sei ihre Arbeit auch Berufung. Und wohl das Versprechen, dass sich Gabriele Pollert nie ganz aus der sozialpädagogischen Arbeit zurückziehen wird.
Text: Christina Bustorf
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