Kulturfahnen
Mit einem ungewöhnlichen Kunstprojekt hat das BürgerBüro Breyell des Caritasverbandes für die Region Kempen-Viersen geflüchteten Kindern und Jugendlichen in Nettetal eine Stimme gegeben. Aus Collagen der jungen Künstler entstanden "Kulturfahnen", die bewegende Geschichten erzählen und viel Zuversicht ausstrahlen.
Amal hat schöne Bilder und Zeichnungen zusammengestellt. Sie hat eine große Blume gemalt, einen Schmetterling, das Zeichen für "Peace" (Frieden), das Wort "Love" mit zwei Herzen, eine blaue Wolke und die Flagge ihrer syrischen Heimat. Ihre Collage strahlt Optimismus aus und Harmonie, obwohl Amal mit ihrer Familie vor dem Krieg geflüchtet ist und ihre Freunde in Syrien zurücklassen musste. "Für mich sind vor allem Frieden und Musik wichtig", hat die 14-Jährige dazu geschrieben. Mit ihren Bildern ist eine von zwölf großen Fahnen gestaltet worden, auf denen geflüchtete Kinder und Jugendliche künstlerisch von sich erzählen.
Manuela Nazemi-Bogda vom BürgerBüro Breyell des Caritasverbandes in Nettetal hatte die Idee zu dem ungewöhnlichen Kunstprojekt unter dem Titel "Kulturfahnen - Straße der Kulturen". Auch in Nettetal kamen 2015 und 2016 viele Flüchtlinge an, darunter zahlreiche Familien mit Kindern sowie rund 60 allein reisende Jugendliche. "Hinter jeder Zahl steht ein Menschenschicksal, stehen Erlebnisse, Erfahrungen und Traumata durch erlittenes Leid, Krieg, Vertreibung und Flucht", erläutert Manuela Nazemi-Bogda. "Mit unserem Projekt wollten wir den Kindern und Jugendlichen einen Raum geben, sich mit ihren Erlebnissen und Erinnerungen auseinander zu setzen und sich eine Stimme in Form von Bildern und Collagen zu geben." Ein Junge erzählt auf seiner Fahne, dass er in seiner Heimat oft im Meer baden war, und ein anderer bekennt nach jahrelanger Flucht: "Ich kenne meine Heimat nur aus Erzählungen."
In den Herbstferien 2016 malten und gestalteten, spielten und erzählten 18 junge Menschen im Alter von acht bis 14 Jahren aus diversen Herkunftsländern, vorwiegend Syrien und Afghanistan, eine Woche lang gemeinsam. Künstlerisch geleitet wurde das Projekt von der Willicher Künstlerin Beate Krempe und unterstützt durch den kurdischen Künstler Waleed Ibrahim, der nach seiner Flucht 2015 in Willich ein neues Zuhause fand. Die Landesarbeitsgemeinschaft Kunst & Medien NRW e.V. veranstaltete die Aktion, die vom NRW-Familienministerium gefördert wurde.
Die Kinder und Jugendlichen haben die eigene Geschichte und Herkunft, kulturelle Wurzeln, traditionelle Besonderheiten und etwas, das ihnen "lieb und teuer" ist, in ihre Collagen einfließen lassen. Es sind bewegende Geschichten, die sie erzählen. Ein Junge musste mit seiner Familie Hals über Kopf aus dem Haus flüchten, das von den Taliban beschossen wurde. Mit seinem Kaninchen auf dem Arm rannte er mit seinen Eltern nach draußen. Kurz darauf war sein geliebtes Tier tot - erschossen in seinen Armen. Er selbst wurde verletzt.
Trotz ihrer Erlebnisse haben sich die Kinder und Jugendlichen eine positive Sicht bewahrt. "Freundschaft und Liebe sind das Schönste auf der Welt", sagt die zwölfjährige Kinda, und die acht Jahre alte Maisa schreibt auf ihrer Fahne: "Meine Welt ist bunt und wunderschön."
Info: Die im Kunstprojekt entstandenen Kulturfahnen dienen in 2017 als Beitrag zur Caritas-Jahreskampagne "Zusammen sind wir Heimat". Die jeweils 3,30 Meter hohen Fahnen werden nun bei Kinderfesten oder Ausstellungen in Nettetal und darüber hinaus gezeigt. Sie können auch für thematisch passende Veranstaltungen im BürgerBüro Breyell ausgeliehen werden. Kontakt: Manuela Nazemi-Bogda, Tel. 02153-957235, bbb@caritas-viersen.de. Ein Film zum Projekt ist auf YouTube zu sehen: www.youtube.com, dann ins Suchfeld "Kulturfahnen" eingeben.