Vom sumpfigen Ödland zur modernen Jugendhilfeeinrichtung
Doch schon nach wenigen Metern bricht das Papierboot auseinander und versinkt langsam im See. Jean-Pierre und Bastian nehmen es mit Humor: Lachend schwimmen sie durch das kalte Wasser an Land.
Mit einer Papierboot-Regatta sorgt das Salvator Kolleg in Hövelhof seit vier Jahren im Sommer für mediales Aufsehen. In diesem Jahr stand das Rennen im Zeichen eines besonderen Jubiläums: Vor 100 Jahren wurde diese Jugendhilfeeinrichtung im Kreis Paderborn gegründet. Bei einem Tag der offenen Tür wurden die Gewinner der Regatta noch einmal besonders geehrt: Marvin, Jonas, Christoph und Maurice schafften es als einzige von sechs Startern, die 50 Meter entfernte Boje zu umrunden und trockenen Fußes das Ufer zu erreichen. Für die 93 Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die im Salvator Kolleg die Förderschule oder das Förderberufskolleg besuchen, ist die Regatta ein Höhepunkt zum Ende des Schuljahres.
Die Geschichte des Salvator Kollegs beginnt damit, dass der Katholische Erziehungsverein für das Erzbistum Paderborn im Hövelhofer Ortsteil Klausheide ein 230 Morgen großes, sumpfiges Ödland erwirbt. 1914 beginnt der Verein mit dem Bau der „Katholischen Erziehungsanstalt Klausheide“. Am 2. August 1915 wird diese in Betrieb genommen und bietet zunächst Platz für 80 männliche Jugendliche im Alter zwischen 14 und 21 Jahren. Die Ordensgemeinschaft der Salvatorianer übernimmt die Verwaltung und Erziehung. Arbeitsschwerpunkt ist zunächst ausschließlich die Landwirtschaft. Die Sennelandschaft wird in Ackerland und Weide umgewandelt. Landwirtschaft, Gärtnerei und Bäckerei dienen der Selbstversorgung. 1919 kommen Ordensschwestern, Salvatorianerinnen, nach Klausheide.
Seinen heutigen Namen bekommt das Salvator Kolleg 1933. In den Wirren des Krieges geht die Zahl der untergebrachten Jugendlichen deutlich zurück. In den Räumen des Salvator Kollegs ist zeitweise eine Ordenshochschule für Theologie und Philosophie untergebracht, bevor dort ein Kriegslazarett eingerichtet wird und die in Paderborn ausgebombten Bewohner eines Altenheimes aufgenommen werden. 1952 wird wieder eine Heimschule errichtet, die als private Volksschule vom Kultusminister genehmigt wird. 100 Jugendliche leben zu diesem Zeitpunkt im Salvator Kolleg.
Anfang der 70er Jahre sorgt eine extrem schlechte Belegung des Hauses für große Umstrukturierungen. Das pädagogische Konzept wird neu entwickelt, viele Umbauarbeiten durchgeführt und Neubauten errichtet. Die Arbeitserziehung und Landwirtschaft wird aufgegeben und die handwerkliche Berufsausbildung aufgebaut. Nachdem die Ordensgemeinschaft der Salvatorianer das Kolleg 1952 gekauft hatte, wird es 1975 vom Verein für Jugendhilfe im Erzbistum Paderborn, dem Rechtsnachfolger des Katholischen Erziehungsvereins, zurückgekauft. Verbunden ist dies mit einer Erweiterung des schulischen Angebotes: Zur Hauptschule kommt eine Sonderschule für den beruflichen Bereich hinzu. 1981 verlassen die Ordensschwestern das Kolleg, 2002 verabschieden sich die letzten beiden Salvatorianer.
100 Jahre nach seiner Gründung verfügt das Salvator Kolleg über 93 Heimplätze, 29 Ausbildungsangebote, eine Förderschule für soziale und emotionale Entwicklung in der Sekundarstufe I und II, ein differenziertes therapeutisches Angebot und 150 Mitarbeiter. In den 100 Jahren wurden insgesamt knapp 8400 Jugendliche und junge Erwachsene im Salvator Kolleg betreut.