"Luxus ins Haus"
Jasmin Aboudhaq verabschiedet sich von Franz Kwiatkowski und schaltet ihm ein letztes Mal den Fernseher für die Übertragung des Gottesdienstes aus der Kapelle ein. Wenige Tage noch, dann endet das Jahr im Diepenbrockheim für die „Bundesfreiwillige“. „Die Bewohner tragen Trauer“, sagt Rolf Oechtering, Leiter der katholischen Einrichtung in Bocholt, mit einem Schmunzeln. Auch der 20jährigen sind die alten Menschen ans Herz gewachsen. Aber in der Begrenzung liege andererseits ein Vorteil: „Es muss auch weiter gehen“. Sie ist sich jetzt sicher, dass sie im Wintersemester mit dem Studium der Sozialarbeit beginnen will.
Mit dem Tandemfahrrad auf Ritt
Fünf Bundesfreiwillige übernehmen im Diepenbrockheim die verschiedensten Aufgaben und haben darüber hinaus auch mal Zeit für etwas mehr, um den Alltag der 86 hier lebenden alten Menschen zu beleben. Freitags hat sich Jasmin Aboudhaq zum Beispiel den Hund ihrer Freundin ausgeliehen und mit ihm Bewohner besucht. „Die bringen den Luxus ins Haus“, sagt Oechtering. Einmal in der Woche leihen sich die „Bufdis“ ein Tandemfahrrad von der Caritas und fahren jeweils eine halbe Stunde durch die Innenstadt spazieren. „Da stehen die Bewohner schon Schlange am Eingang“, freut sich Oechtering.
Jasmin Aboudhaq brauchte das Freiwilligenjahr für die Anerkennung ihres Fachabiturs, wollte sich aber auch nach der Schule noch klarer werden, wie es weiter gehen soll. Die beim Zoll begonnene Ausbildung war es nicht, wie sie schnell gemerkt hatte. Im Studium will sie das breite Spektrum der sozialen Arbeit für sich öffnen, schließt aber nicht aus, in die Arbeit mit alten Menschen zurückzukehren.
Auch an diesem Donnerstagmorgen fragt sie die alten Menschen ihrer Wohngruppe, wer in den katholischen Gottesdienst möchte und begleitet die, die sich dafür entscheiden. Dann muss sie schnell zu Franz Kwiatkowski, um ihm den Fernseher anzustellen. Er kann nicht aufstehen, verfolgt die Messe aber gerne über den Bildschirm. Jasmin verspricht ihm, dass sie einen guten Nachfolger haben werde.
Kein Mangel an Bewerbern
n Bewerbern herrscht in der Tat kein Mangel, sagt Rolf Oechtering. Zehn Plätze hat er an die Gesellschaft für soziale Dienste (FSD) im Bistum Münster in verschiedenen Arbeitsbereichen gemeldet, aber maximal fünf kann er immer besetzen, „weil die Kontingente ausgeschöpft sind“. Mehr Geld gibt es nicht vom Bundesamt für Zivile Angelegenheiten (BafZA). Es reicht für ungefähr 1.000 FSJler und BFDler pro Jahr, die die FSD vermitteln kann.
Die FSD Gesellschaft organisiert auch die jeweils fünf Schulungswochen für jeden Freiwilligen. Jasmin Aboudhaqs Urteil darüber ist so kurz wie eindeutig: „Super“. Engagement liegt der 20jährigen Halbmarokkanerin aus Rhede im Blut. Für Rolf Oechtering die beste Empfehlung. Zeugnisnoten interessierten ihn wenig, sagt er. Dass Jasmin Muslimin ist, war für ihn kein Hinderungsgrund. Im Gegenteil hätten sich dadurch interessante Gespräche ergeben.
„Man täuscht sich, wenn man meint, dass die alten Menschen nicht offen sind“, hat Jasmin erfahren. Ihr ist Religion wichtig. Aufgewachsen in einem katholischen Umfeld hat sie gerne mit den Bewohnern Weihnachtslieder gesungen und sie zur Wallfahrt nach Kevelaer begleitet. Nicht ganz einfach seien im Ramadan die Kochrunden für sie gewesen.
Video auf YouTube im Kanal CaritasMS: https://www.youtube.com/watch?v=J9HyjnE9-A8