SkF präsentiert in Essen das Modellprojekt „Familienklassen“
Kinder gehen in die Schule und die Eltern gehen arbeiten oder erledigen den Haushalt. So oder ähnlich sieht der Familienalltag im Regelfall aus. Wenn es in der Schule nicht rund läuft, werden Eltern zum Gespräch mit den Lehrern eingeladen, um auf ihr Kind einzuwirken und gemeinsam nach Lösungen zu suchen.
Was im Unterricht wirklich läuft, wie das Kind sich dort verhält und vor allem, wie es zu diesem Verhalten kommt, das bleibt Eltern oft unklar. Unterschiedliche Sichtweisen und Einschätzungen der Probleme sind nicht selten der Grund für Konflikte zwischen Eltern und Schule.
"Diese Situation und die damit häufig verbundene Fragestellung, ob das Kind noch auf der Regelschule beschult werden kann, haben uns dazu gebracht, ein neues Modell auszuprobieren", sagt Dr. Björn Enno
Hermans, Geschäftsführer des Sozialdienstes katholischer Frauen Essen-Mitte (SkF). Bereits seit vielen Jahren ist der SkF an verschiedenen Grundschulen mit dem Projekt "FamileAktivinSchule" im Ganztag tätig, bei dem die Familie aktiv einbezogen wird und viele Schnittstellen zu Angeboten der Jugendhilfe hergestellt werden. Mit dem neuen Projekt "Familienklassen" werden die Eltern auch in die Gestaltung des schulischen Vormittags einbezogen und übernehmen als Gruppe eine aktive Rolle bei der Umsetzung des Unterrichts.
"Die Familienklassen sind nicht ganz neu", berichtet Hermans. Neben Großbritannien und Dänemark seien auch in einigen Bundesländern Modelle gestartet. NRW gehöre dazu bisher nicht. Ausgehend von Erfahrungen mit der sogenannten Multifamilienarbeit wurde die Idee in die Schule transportiert. Wesentlich ist, dass eine kleine Gruppe von Schülerinnen und Schülern, die im Schulalltag Auffälligkeiten zeigen, an einem Vormittag jeweils mit Eltern, Lehrern sowie Sozialarbeitern zum Unterricht zusammen kommen. Dieser Unterricht ist natürlich anders als üblich: Die Eltern beobachten ihre Kinder, tauschen sich aus, helfen, geben Rückmeldung, greifen unterstützend auch in das Geschehen ein. In Willkommensrunden vor dem Unterricht und in sogenannten Reflectingteams während der Pausen tauschen sich Elterngruppen und Kinder gemeinsam aus.
"Wirksam ist, dass Familien zusammen kommen, die sich in einer ähnlichen Situation erleben und gemeinsam nach Lösungen suchen", ist sich Michael Roßbach sicher, der als Mitarbeiter des SkF eine Familienklasse an der Astrid-Lindgren-Schule in Steele-Horst begleitet.
Der Vorteil der Familienklassen: Die Vorschläge zu Veränderungen kommen nicht nur von Lehrern und Sozialarbeitern, sondern von anderen Eltern. Dies macht es betroffenen Eltern leichter, Ratschläge und Ideen anzunehmen. Außerdem erleben Kinder ihre Eltern interessiert und engagiert. Zwischen Schule und Eltern findet eine echte Kooperation auf Augenhöhe statt. "Gerade das ist absolut entscheidend", so Roßbach: "Erste Erfahrungen stimmen uns positiv".
Der SkF wird das Projekt weiterverfolgen; neben den bereits sechs Standorten in Essen sollen weitere hinzukommen.