Fachaustausch über die Grenzen hinweg
Vielleicht wissen nicht alle Leser der Sozialcourage, dass die Caritas St. Petersburg auf den Priester Hartmut Kania aus dem Bistum Görlitz zurückgeht. 1991 ging er nach St. Petersburg, um den Glauben zu verkünden. Schnell merkte er, dass allein mit Worten die Liebe Gottes für die Menschen in St. Petersburg nicht erfahrbar ist. Daher wählte er den Ansatz, durch caritative Projekte konkrete Erfahrungen der Nächstenliebe zu schaffen.
Auf dieser Basis hat sich die Caritas St. Petersburg seit 1993 entwickelt und wird seit dem Tod von Monsignore Hartmut Kania im Jahr 2001 durch die Caritasdirektorin Natalia Pewzowa geführt und geleitet.
Pfarrer Kania hat viele Menschen im Bistum Görlitz für seine Arbeit in St. Petersburg gewinnen können. Unter Beteiligung zahlreicher Gemeindemitglieder über nahezu alle Pfarrgemeinden des Bistums wurden Hilfstransporte nach St. Petersburg organisiert. Daraus entstanden unter anderem Kleiderkammern, ein Altenheim und die Mahlzeitenversorgung von Obdachlosen und materiell armen Menschen. Auf dieser Basis unterstützen bis heute viele Menschen aus dem Bistum Görlitz die Arbeit der Caritas St. Petersburg.
Unterstützung der Arbeit vor Ort wichtig
Die Caritasdirektorin hatte 2012 eine Einladung ausgesprochen, sich doch vor Ort anzuschauen, wie sich die Caritas in der Zwischenzeit entwickelt hat. Diese Einladung haben wir gern angenommen und sind mit einer Delegation von vier Personen im April 2013 nach St. Petersburg geflogen. Herzlich begrüßt von der Caritasdirektorin sowie vom spirituellen Berater der Caritas St. Petersburg Pater Mariano wurde bereits in der ersten Begegnung spürbar, wie wichtig es für die Verantwortlichen der Caritas St. Petersburg ist, dass es im Bistum Görlitz weiterhin Menschen gibt, die sich für ihre Arbeit interessieren und diese Arbeit unterstützen.
Auf den ersten Blick wirkt St. Petersburg wie viele andere europäische Großstädte. Je weiter man sich von den touristischen Zentren nach außen bewegt, umso deutlicher werden die sozialen Unterschiede in der Stadt sichtbar. Wie schaffen es die Menschen, in St. Petersburg zu leben, wenn man weiß, dass ein Monatsverdienst zwischen 300 und 500 Euro liegt, sofern die Menschen überhaupt eine Arbeit haben? Eine Frage, die uns immer wieder bewegt hat. Wenn aber Eltern mit ihren erwachsenen Kindern in einer Einraumwohnung leben, wenn in den Familien die Einzeleinkommen zusammengeführt werden, dann bekommt man ein Gefühl, wie und unter welchen Bedingungen man in dieser Stadt leben kann.
Hilfe zur Selbsthilfe geben
Wir durften uns eine Vielzahl der sozialen Einrichtungen und Projekte anschauen. Überall haben wir engagierte, gut ausgebildete Mitarbeitende erlebt. Mit Stolz wurden uns die gepflegten Ausstattungsmittel gezeigt, die zur Jahrtausendwende aus dem Bistum Görlitz nach St. Petersburg gebracht worden sind. Liebevoll gestaltete Einrichtungen mit den fachlich erforderlichen Materialien wurden uns mit Stolz gezeigt. "Worauf legen Sie in Ihrer Arbeit Wert", haben wir gefragt. "Wir arbeiten sehr viel mit den Angehörigen. Zum einen, dass sie sich konkret in den Projekten engagieren. Vor allen Dingen wollen wir, dass sie die Arbeit unserer Mitarbeitenden in der Häuslichkeit bei ihren Angehörigen fortsetzen. Wir wollen Menschen befähigen, ihre sozialen Probleme selbst zu lösen. Daher versuchen wir über Informationsveranstaltungen, durch zur Verfügung stellen von Hilfsmitteln Menschen mit Pflegebedarf, Menschen mit Behinderungen, Suchtkranken oder Obdachlosen und deren Angehörige zu unterstützen.", so eine Sozialarbeiterin aus dem Beratungszentrum im Hartmut-Kania-Haus.
Ein Schwerpunkt bildet die Arbeit mit schwangeren Frauen und alleinerziehenden Müttern. Mit Unterstützung der "Stiftung Leben retten" erhalten insbesondere minderjährige schwangere Mädchen und Frauen Unterstützung und Begleitung, damit sie "Ja" zu ihrem Kind sagen können. Auf die Auswahl der Mitarbeitenden legt die Caritasdirektorin großen Wert, denn Bewerber kommen oft aus einem Umfeld, in dem mit dem Wert des Lebens unreflektiert umgegangen wurde.
"Was wünschen Sie sich beziehungsweise was fehlt Ihnen für Ihre Arbeit vor Ort," haben wir Natalia Pewzowa gefragt. Die fehlenden Möglichkeiten, sich mit Anderen über die Arbeit fachlich auszutauschen und gemeinsam Entwicklungen anzustoßen oder auch kreativ die Mitarbeit in der Caritas aus den Pfarrgemeinden heraus anzustoßen, wurden von ihr benannt.
Was nehmen wir mit von unserer Reise?
Die Caritas St. Petersburg leistet ihre Arbeit auf der Grundlage fachlicher Konzepte. Über die Intensität der Einbeziehung und der fachlichen Begleitung von Angehörigen war nicht nur die Regionalstellenleiterin aus Cottbus beeindruckt: "Darüber sollte man auch bei uns noch einmal intensiver nachdenken".
Wie viele nichtstaatliche Organisationen wurde auch die Caritas St. Petersburg von den russischen Behörden intensiv überprüft. Dank ihrer klaren Führung, einer guten Buchführung sowie einer angemessenen fachlichen Dokumentation konnten selbst russische Behörden keine Unregelmäßigkeiten bei der Caritas feststellen. Nur die Brandschutzbehörde war der Auffassung, dass Teppiche in Bürozimmern eine besondere brandschutzrechtliche Genehmigung haben müssen. So wurde der Caritas St. Petersburg und ihrer Direktorin von ‚höchster’ Stelle - wenn auch ungewollt - eine korrekte und transparente Arbeit und Organisation bescheinigt.
Dem kaum möglichen Fachaustausch in St. Petersburg wollen wir über die Grenzen hinweg entgegenwirken. Ob dies möglich ist, wird sich zeigen und vielleicht können wir in einer späteren Ausgabe der Sozialcourage darüber berichten.
Wenn Sie die Arbeit der Caritas in St. Petersburg unterstützen möchten, erbitten wir Ihre Spende auf das Spendenkonto beim Caritasverband der Diözese Görlitz e.V.
Liga-Bank Dresden eG
Kontonummer: 20 828 48 22
Bankleitzahl: 750 903 00
Kennwort: Spende St. Petersburg
Wenn Sie die "Stiftung Leben retten" unterstützen möchten, erbitten wir Ihre Spende auf das Konto "Stiftung Leben retten"
Liga-Bank eG Regensburg
Kontonummer: 8 20 30 08
Bankleitzahl: 75 09 03 00
Kennwort: Zustiftung