Was macht eigentlich… ein Betreuungsassistent?
Wenn die acht Patienten der Demenzstation Silvia im Kölner Hildegardis-Krankenhaus und ihre beiden Betreuungsassistenten zum Mittagessen zusammenkommen, müssen Ärzte und Angehörige warten. "Ermutigung und Geduld gehören dazu, wenn es mit dem Essen klappen soll", sagt Betreuungsassistent Kamal El Hanchar. Denn manchen fehlt es an der früheren Geschicklichkeit bei Tisch. Mit ein bisschen Unterstützung üben sie sie wieder, ohne Zeitdruck und Perfektionismus. "Das macht die Patienten stolz", berichtet der 59-Jährige.
In der anheimelnden Wohnküche kommt man miteinander ins Gespräch. Kamal El Hanchar bestellt mit seinen Patienten nicht nur gemeinsam die Menüs und lässt Appetitlose schon mal mit dem Dessert anfangen, um sie auf den Geschmack zu bringen. Er ist auch ein guter Zuhörer. Ein vertrautes Gericht, ein stimmungsvoller Duft, ein Foto, ein Bildband - er nutzt viele Anknüpfungspunkte, um die Erinnerungen der Betagten sprudeln zu lassen. "Sie sind voller Gefühle, voller Liebe, wenn man etwas gibt, bekommt man sehr viel zurück", sagt er.
Glücklich, weil sie dankbar sind
Kamal El Hanchar ist Gymnasiallehrer für Französisch und arabische Literatur. Doch die Qualifikationen aus seinem Heimatland Marokko wurden in Deutschland nicht anerkannt. Nach verschiedenen Jobs sattelte er 2009 zum Betreuungsassistenten um, ein Beruf, der ihn, wie er sagt, glücklich macht.
Die beiden Vollzeit-Betreuungsassistenten der Station Silvia sind eingebettet in ein Team von Schwestern und Altenpflegern, Helfern und einer Servicekraft. Zwar stehen Grundpflege und Behandlung im Vordergrund, wie Stationsleiterin Rebekka Kleinpaß berichtet. Doch die Teammitglieder begegnen einander auf Augenhöhe. Die Betreuungsassistenten bedeuten für die Pflegenden eine große Entlastung. Ihnen fehlt die Zeit, während der Mahlzeiten auf individuelle Bedürfnisse einzugehen oder Aktivierungsideen umzusetzen. Dafür sind die Betreuungsassistenten da. Die Folgen ihres Wirkens: Am Ende des Tages sind die Patienten zufriedener und müder. Das trägt zur gesunden Nachtruhe bei und damit zu weniger Versuchen, nachts aufzustehen und im Zimmer umherzuirren.
Die Patienten bleiben rund zwei Wochen in der Demenzstation. Nach dieser Zeit geht es ihnen in aller Regel besser als vorher. "Viele verabschieden sich mit Tränen in den Augen", sagt Kamal El Hanchar. Anders als Betreuungsassistenten in Pflegeheimen erlebt er es somit nicht, dass es mit seinen Patienten bergab ginge. Er kennt aber die bittere Seite der Demenz: Eine Frau, mit Ende 50 kaum älter als er selbst, lief wie eine Getriebene über den Klinikflur, bis sie abends vor Erschöpfung einschlief. Medikamente blieben wirkungslos. Sie kannte ihre eigene Familie nicht mehr und klammerte sich angstvoll an Kamal El Hanchar, als sie Besuch bekam.
Team muss helfen und entlasten
Belastungen wie diese, so bemerkt Dietmar Erdmeier, Experte für Gesundheit und Soziales bei Verdi, bedürften der Supervision. Betreuungsassistenten arbeiten auch in Privathaushalten und bei ambulanten Diensten. Dann sei es wichtig, den Teamaustausch zu organisieren. Betreuungsassistenten sind keine Pflegekräfte und können entsprechende Entscheidungen nicht treffen, meist auch Pflegeleistungen nicht fachgerecht erbringen. "In der Praxis werden sie aber oft dazu herangezogen", kritisiert der Gewerkschafter. Immerhin jede sechste Betreuungsassistentin bringt einen Abschluss aus Pflege oder Ergotherapie mit. Das Gros stammt jedoch aus anderen frauentypischen Berufen wie Kauffrau, Kinderpflegerin oder Friseurin.
Der Männeranteil unter den Betreuungsassistenten ist sehr gering. Anders als im Hildegardis-Krankenhaus arbeiten die meisten Betreuerinnen in Teilzeit, viele auf 450-Euro-Basis, berichtet Erdmeier. Ab Januar 2016 gelten für alle Pflege- und Betreuungskräfte 9,75 Euro (West) oder 9 Euro (Ost) als Lohnuntergrenze, meldete das Bundesgesundheitsministerium im Herbst. "Das reicht nicht zum Leben und nicht für die Rente", stellt Erdmeier fest. Betreuungsassistentinnen seien oft Frauen, die nach der Kindererziehung ins Arbeitsleben zurück und einen Beitrag zum Familieneinkommen leisten wollen, mehr nicht.
Ein Beruf mit Luft nach oben
Eine klarere Abgrenzung zu Tätigkeiten wie Pflege oder Essensausgabe, mehr Vollzeitstellen, unbefristete Verträge und eine bessere Qualifizierung als Basis für mehr Gehalt wünscht Dietmar Erdmeier. Die Ausbildung umfasst 160 Unterrichtsstunden und ein zweiwöchiges Praktikum. Für Katja Dördrechter, Malteser-Ausbildungsreferentin der Diözese Essen, ist sie geeignet, damit sich die Teilnehmer im Umgang mit Patienten sicher fühlen, deren Ressourcen erkennen und fördern: "Die wichtigste Aufgabe eines Betreuungsassistenten."
Das Erste Pflegestärkungsgesetz, seit 2015 in Kraft, schuf die Voraussetzung, dass die Zahl der Betreuungsassistenten in Pflegeeinrichtungen von 25 000 auf 45 000 ansteigt. Anspruch haben nun auch anders beeinträchtige Personen, etwa Schlaganfallpatienten. Die Kosten tragen die Kassen. Eine gute Nachricht, auch für Katja Dördrechter. Sie wünscht sich nur "mehr Anerkennung für diese Tätigkeit, besonders von anderen medizinischen Berufsgruppen".