Max packt bei youngcaritas an
"Wenn ich meine Straße in eine Bewerbung schreibe, wird die sowieso direkt aussortiert!" Max (Name geändert) weiß, dass sein Heimat-Viertel nicht unbedingt den besten Ruf genießt. Mit der youngcaritas Betzdorf tritt er trotzdem (oder gerade deshalb) selbstbewusst gegen Vorurteile und für den Slogan "Mach dir dein eigenes Bild!" ein.
Max wohnt auf dem Betzdorfer Alsberg, einem Stadtteil, in dem Einfamilienhäuser mit bester Aussicht Tür an Tür neben Häusern des sozialen Wohnungsbaus stehen. Vor 15 Jahren erkannte der Caritasverband Betzdorf den Handlungsbedarf im Sozialraum, als auffällig viele Familien aus diesem Wohnviertel betreut wurden: Sie nutzten die Schuldner- oder Suchtberatung oder die Tafel oder wurden von Familienhelfern betreut. Dabei fiel auf, dass viele Kinder einen Raum für soziales Lernen dringend nötig hätten, es im Stadtteil jedoch an Anlaufstellen fehlte. Die Kinder mussten wegen schlechter Busverbindungen auf dem Alsberg bleiben und sich selbst beschäftigen.
Casa Esperanza lädt ein
So wurde die im Jahr 2003 für Kinder im Alter von fünf bis zehn Jahren eingerichtete Caritas-Spielgruppe regelmäßig überrannt. Mittlerweile hat sich um die ursprüngliche Gruppe ein Angebot entwickelt, das bedarfsorientiert über die Jahre mitgewachsen ist. Seit 2009 gibt es die Begegnungsstätte "Casa Esperanza" mit Spielgruppe, Leseclub und der "Großen Gruppe" für die Jugendlichen. Außerdem finden regelmäßig Eltern/Kind-Kurse statt, ein Elterncafé lädt zum Austausch ein, die kostenlose Hausaufgabenhilfe trifft auf riesige Resonanz, und auch für niedrigschwellige Beratungsgespräche ist Raum. Weil die Kinder über Jahre gerne kommen, haben irgendwann auch die Erwachsenen die Angst vor den Helfern verloren, nutzen gerne die Familienangebote und fragen in Notsituationen die vertrauten Fachkräfte um Rat.
Gute Erfahrungen weitergeben
Max kam damals als Kind in die Spielgruppe. Heute packt er bei den Aktionen der youngcaritas mit an. In Betzdorf hat sich die youngcaritas 2015 gegründet und besteht aus Jugendlichen, die selbst vom Alsberg kommen oder aus Freunden. Sie sind immer offen dafür, neue Mitstreiter herzlich aufzunehmen: "Jeder, der Spaß bei uns hat, darf mitmachen!", lädt Gönül (13) ein. "Ich hab als Kind selber so viel gelernt und Spaß gehabt in der Spielgruppe. Als ich dann größer geworden bin, wollte ich das gerne an die Jüngeren weiter geben, damit die auch die Möglichkeit haben, das zu erleben, was ich erfahren durfte", erklärt Tatjana (20) ihre Motivation, bei der youngcaritas dabei zu sein. Und Max? Er hat sich in dem Wissen, dass nicht Herkunft, sondern der Mensch zählen sollte, wieder und wieder beworben und schließlich den Einstieg ins Berufsleben geschafft.
Jenny Müller