Flüchtlingsfamilien auf der Suche
Angelika Hillingshäuser, Fachdienstleitung "Migration" im Caritasverband Rhein-Hunsrück-Nahe e.V., berät Flüchtlinge im Gebiet der Verbandsgemeinde Emmelshausen und begleitet ehrenamtliche Flüchtlingshelfer im Dekanat St. Goar. In und um Emmelshausen leben derzeit 85 Geflüchtete in kommunalen Unterkünften. Das Besondere: Eine zentrale Sammelunterkunft hatte die rund 14.400 Einwohner zählende Verbandsgemeinde im Vorderhunsrück nie. Das größte Gemeinschaftshaus kann nur 28 Personen beherbergen.
Die Suche nach einer eigenen Wohnung gestaltet sich meist schwierig, was auch die Caritas-Berater in den Landkreisen Bad Kreuznach und Birkenfeld bestätigen. Anerkannte Flüchtlinge beziehen anfangs meist Arbeitslosengeld II. Bei der Suche auf dem Wohnungsmarkt gelten also die Miet-Grenzen des Jobcenters. Die Formalien im Zusammenhang mit einem Mietvertrag seien für Flüchtlinge kaum durchschaubar, so Angelika Hillingshäuser, beispielsweise, wenn es um die Mietkaution, den Strom- und Gasvertrag oder den Telefonanschluss geht.
Umso wichtiger ist es, dass Flüchtlinge am Wohnort eine "Andockstelle" haben. "Oft sind dies die Ehrenamtlichen, die beim ersten Ankommen geholfen haben", sagt Hillingshäuser. Es hat viele Vorteile, wenn die Menschen dort ansässig werden, wo sie nach der Flucht erste Wurzeln geschlagen und bereits Kontakte geknüpft haben. Gerade im ländlichen Bereich ist das aber eine Herausforderung: Ohne Auto müssen Sprachkurse, Kindergarten oder Tafel-Ausgabestellen erreicht werden. "Viele Caritas-Klienten, ob mit deutschem Personalausweis oder syrischem Pass, finden nur schwer eine verkehrsgünstig gelegene, bezahlbare Wohnung", berichtet Hillingshäuser. Kulturelle, religiöse oder sprachliche Hürden seien eine weitere "Hypothek".
Integration durch Wohnen
Hinzu kommt, dass die Caritasberater immer wieder Hausbesitzern begegnen, die nicht an Flüchtlinge vermieten möchten. Bei dem ohnehin knappen Wohnungsangebot trifft dies kinderreiche Flüchtlingsfamilien besonders hart. Aktuell betreut Hillingshäuser zehn solcher Familien, jede davon mit mindestens drei Kindern. Sie wirbt dafür, den Wohnungssuchenden Eigenverantwortung zuzutrauen, manchmal auch "zuzumuten". So räume man ein dauerhaftes Integrationshemmnis aus dem Weg, denn eigenständiges Wohnen fördere die gesellschaftliche Integration. Damit Flüchtlingen dies gelingt, brauchen sie frühzeitig Unterstützung: Sie müssen befähigt werden, ihre Wohnsituation mit allem, was dazugehört, selbständig zu regeln. Hier sieht Hillingshäuser Kernaufgaben in der Flüchtlingsarbeit des Caritasverbandes: "Wir machen Flüchtlinge mit bürokratischen Abläufen in der neuen Heimat vertraut. Ebenso unterstützen wir Ehrenamtliche, wo die Fragestellungen zu komplex werden." Gerne sind die "Caritäter" auch Ansprechpartner für potentielle Vermieter: Die Berater informieren beispielsweise über die Abläufe, wenn das Jobcenter die Kaltmiete und die Heizkosten direkt an den Wohnungseigentümer zahlt.
Thomas Elsen