Fahrräder für mehr Freiheit
Von Oppum in die Innenstadt Krefeld sind es knapp vier Kilometer. Kidane aus Eritrea läuft die Strecke mehrmals am Tag. "Wenn es schnell gehen muss, schaffe ich den Weg in 30 Minuten", erzählt der 23-Jährige. Auch viele seiner Freunde aus der Flüchtlingsunterkunft gehen oft zu Fuß in die Stadt - zum Einkaufen, für Behördengänge und Schulbesuche. Ein großer Wunsch der Bewohner im Oppumer Flüchtlingsheim: Fahrräder.
Als die Jugendlichen der youngcaritas Krefeld davon hörten, stand sofort fest: Wir helfen. Gemeinsam mit weiteren Kooperationspartnern starteten sie im Winter 2015 das Projekt "Fahrrad macht mobil" für Flüchtlinge. Bei der Suche nach einem geeigneten Raum für eine Fahrradwerkstatt hatten sie Glück: eine leer stehende Halle, zentral in Krefeld, konnte die Caritas günstig anmieten. Innerhalb kürzester Zeit fanden sich Ehrenamtliche, die das Projekt tatkräftig unterstützten. Hilfe beim Herrichten der Werkstatt erhielten die Caritas-Jugendlichen auch von den Flüchtlingen. Gemeinsam wurden die Wände gestrichen, Montageständer aufgebaut und Werkbänke eingerichtet.
An der Wand lehnen Dutzende Fahrräder, es riecht nach Öl, und in der Kiste klimpert das Werkzeug. Rund 200 Fahrräder wurden für das Projekt gespendet. "Wir wussten um den Rückhalt in der Bevölkerung und dennoch, was bei unserem Aufruf zusammenkam, übertraf all unsere Erwartungen", erzählt Sonja Neuwirth, Koordinatorin von youngcaritas Krefeld. Zweimal pro Woche treffen sich die Jugendlichen, Senioren und Geflüchteten in der Werkstatt, um an den Fahrrädern Hand anzulegen. "Zur Reparatur eines Fahrrads bedarf es keiner großen Worte - man hilft sich aus mit etwas Englisch, oder gibt sich Zeichen mit Händen und Füßen." Ganz nebenbei ist so eine Begegnungsstätte entstanden.
Bevor ein verkehrstaugliches Fahrrad erworben werden kann, muss der Käufer an einer zweistündigen, theoretischen Verkehrsschulung teilnehmen. Dabei gibt es eine Einweisung in die Verkehrsregeln und eine Menge Sicherheitshinweise. Um Missbrauch mit den Rädern vorzubeugen und um die Materialkosten für die Reparaturen zu decken, werden die Räder mit Schloss und dem dazugehörenden personifizierten youngcaritas-Fahrradpass mit Rahmen- oder Codierungsnummer für zehn bis 30 Euro abgegeben. "Wir wollen nichts verschenken." Außerdem sollen die Flüchtlinge nicht das Gefühl bekommen, sie erhalten Almosen.
Ein Fahrrad erleichtert den Flüchtlingen die Teilhabe am Leben in Krefeld. Immer wieder gibt es in der Stadt kostenlose Bildungs- und Kulturangebote, die dann eher angenommen
und genutzt werden können. Und mit einem Rad vergrößert sich der Aktionsradius. Auch Kidane kann nun mit seinem neuen Fahrrad zum Einkaufen oder in die Stadt fahren: "Das Fahrrad macht mich glücklich, denn es bedeutet mehr Freiheit für mich."
Weitere Infos unter www.caritas-krefeld.de/youngcaritas
Die komplette Ausgabe 2/2016 des MIGrations-MAGazins ist unter folgendem Link abrufbar: http://www.kam-info-migration.de/54932.html
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