Weichen stehen auf Qualität
Den ersten Qualitätsbrief des KTK (Verband katholischer Tageseinrichtungen für Kinder) in Deutschland erhielt die Kindertageseinrichtung Bennolino in Spremberg. Braucht es einen solchen Brief?
Wer sich mit Qualitätssicherung und der damit verbundenen Zukunftssicherung befasst, strebt irgendwann das Ziel an, diese Qualität seiner Einrichtung auch messen zu lassen. Umso mehr, da es qualitativ sehr unterschiedliche QM-Systeme gibt und die Eltern zunehmend auf Qualität bei der Auswahl der Einrichtung für ihre Kinder achten.
Wir hatten das Glück, Ende 1999 mit Werner Flaig, dem Leiter von CoLibri Management Service, Kontakt aufzunehmen und zusammen mit seinem Team ein Wertorientiertes Qualitätsmanagementsystem nach der DIN ISO 9000 für alle Kindertageseinrichtungen unserer Diözese aufzubauen. Später entwickelte der KTK-Bundesverband in Zusammenarbeit mit CoLibri und anderen Fachleuten das KTK- Gütesiegel, das sowohl einen Qualitätsbrief als auch ein Zertifikat vorsieht. Beim Qualitätsbrief werden sechs von neun Bereichen evaluiert und damit ein Nachweis erbracht, dass die Qualitätsanforderungen erfüllt werden.
Die Kita in Spremberg hat diesen Qualitätsbrief, was ist mit den anderen im Bistum?
Unabhängig von einer Zertifizierung bemühen sich alle unsere Einrichtungen durch Audits und Qualitätskonferenzen ständig um Verbesserung ihrer Arbeit. Es besteht die Möglichkeit, einzeln oder eine gemeinsame Matrixzertifizierung anzustreben. Wir arbeiten daran. Es ist aber auch eine Kostenfrage. Bei der Planung, Umsetzung aber auch bei Personalwechsel, besonders in der Leitung, bewährt sich ein gut funktionierendes QM-System.
Ein anderer Bereich Ihrer Arbeit war es, Neu- und Umbauten zu betreuen. Das ist eigentlich Männer-Domäne. War das für Sie schwierig?
Meine berufliche Laufbahn habe ich als Technische Zeichnerin begonnen und mich anschließend zum Teilkonstrukteur weitergebildet. Deshalb konnte ich mich leicht in die Baupläne der Architekten hineindenken. Wichtig ist es, pädagogische als auch alltagstaugliche Bedingungen zu schaffen. Einer der bedeutenden Pädagogen hat gesagt, dass ein Kindergarten "in Stein gehauene Pädagogik" sei. Darum ist es wichtig, dass Architekten mit der Leitung und der Fachberatung gut zusammenarbeiten. Wir standen oft vor der Herausforderung, bestehende Gebäude umzugestalten. Das ist schwieriger. In allen Einrichtungen wurde aus-, an- und umgebaut. Auch zwei Neubauten entstanden.
Wie unterscheidet sich die Arbeit vor der Wende zu der danach?
Vor der Wende haben wir innerkirchlich, abgesehen von den politischen Zwängen, relativ ungestört arbeiten können, unterstützt durch die Caritas und das Bonifatiuswerk.
Durch ihre Weitsicht haben die Bischöfe, Caritasdirektoren und Schulleiter dafür gesorgt, dass unsere Aus- und Fortbildungen an das Niveau der Bundesrepublik angepasst wurden. Es verband uns eine gute Zusammenarbeit mit den Kollegen auf der Ebene der Ostdiözesen.
Bis auf die rechtliche Anpassung hatten wir also das Rüstzeug, nach der Wende in guter Qualität weiterzuarbeiten. Nun konnten wir an den Konferenzen auf der Bundesebene teilnehmen und Kontakte zu den Kollegen der Partnerdiözesen knüpfen. Neu für uns war die Zusammenarbeit mit den Wohlfahrtsverbänden auf Liga-Ebene, aus der Diözesancaritas wurde der Diözesancaritasverband e.V.
Aus den Diözesanfürsorgern und -jugendleiterinnen wurden Abteilungsleiter mit einer eigenen Sekretärin. Spannend war es, in dem noch "rechtsfreien" Raum an den Ländergesetzen mitzugestalten.
Eine besondere Herausforderung war, die Aspirantur und Praktikantur (erstes Ausbildungsjahr für Erzieherinnen und Krankenschwestern) in eine Berufsfachschule umzuwandeln. Es gab noch keine Schulgesetze, aber Kolleginnen in den westlichen Bundesländern, die wir um Rat fragen konnten. Sinnvoll war es, die Erzieherinnen in der "Frohen Herrgottstunde" dem Bischöflichen Ordinariat zuzuordnen und ihnen damit die Zukunft auch für den Religionsunterricht zu sichern. Auch die Leitungsaufgaben einer Kindertageseinrichtung haben sich grundlegend geändert mit klar umschriebenen Aufgaben für Träger, Leitung und Mitarbeiter.
Wie muss Caritas, wie muss Kirche aufgestellt werden, um den künftigen Anforderungen entsprechen zu können?
Hier möchte ich mich nur in meinem Zuständigkeitsbereich äußern.
Das Ergebnis der Evaluation des Bonifatiuswerkes zur religionspädagogischen Arbeit der Kitas deckt sich mit meiner Wahrnehmung. Wir haben immer weniger kirchlich ausgebildete Erzieherinnen, sollen und wollen aber unser katholisches Profil weitertragen. Die Haushalte der Kitas haben im Vergleich mit den der alten Bundesländer viel weniger Mittel für Fortbildung zur Verfügung, obwohl die Kitagesetze ein bestimmtes Maß an Fortbildung fordern. Umso mehr sind wir auch auf finanzielle Unterstützung der Fortbildung im religionspädagogischen Bereich angewiesen.
Vor der Wende haben die meisten Erzieherinnen die kirchlichen Erzieherinnenseminare besucht. Es werden vielleicht noch zehn Jahre Erzieherinnen aus diesen Schulen da sein, die meisten kommen jetzt aus staatlichen Ausbildungsstätten. Ich sehe die Möglichkeit der engeren Zusammenarbeit von Caritas und Pastoral in der Entwicklung und Durchführung von religionspädagogischen Fortbildungsangeboten, vielleicht auch in der Zusammenarbeit mit den Nachbardiözesen.
Sie plädieren für mehr Ausbildung in katholischen Schulen, reichen sie aus, wie ist der Stand?
Vor der Wende haben wir die jungen Menschen von der Bewerbung über Ausbildung, Vermittlung in unsere Kitas und beruflicher Fort- und Weiterbildung begleitet. Jetzt können wir nur noch die Träger bei der Auswahl der Mitarbeiter unterstützen und Fortbildungsangebote auf Diözesanebenen oder in Zusammenarbeit mit anderen Diözesancaritasverbänden.
Uns ist das Feriendiakonat wichtig. Von der Diözese wünsche ich mir Unterstützung, dass jede Kita eine verlässliche Planstelle für das Freiwillige Soziale Jahr beziehungsweise für den Bundesfreiwilligendienst finanzieren kann, um den Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, mit dem pädagogischen Beruf in Berührung zu kommen. Auch für Quereinsteiger sollte es Möglichkeiten geben.
Durch die demografische Entwicklung werden wir noch sehr mühsam nach geeigneten Mitarbeitern suchen müssen.
Welche katholischen Einrichtungen stehen noch zur Verfügung?
Das Caritas Schulzentrum Bautzen und das Katholische Schulzentrum Edith Stein Berlin bieten den Schwerpunkt Sozialpädagogik an. In der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin kann man Bildung und Erziehung in der Kindheit studieren. Weitere Ausbildungseinrichtungen findet man im Internet.
Demnach ist Erzieherin oder Erzieher für katholische Jugendliche im Bistum ein Beruf der Zukunft?
In jedem Fall, aber auch die Studiengänge zur frühen Kindheit an den Hochschulen bieten eine gute Voraussetzung für Leitungskräfte.
Sind Lernen und Bildung für Sie demnach Kernaufgaben im Bereich der Kindertageseinrichtung?
Wir sprechen von Erziehung, Bildung und Betreuung. Das pädagogische Personal ist herausgefordert, die Selbstbildungsprozesse der Kinder durch die vorbereitete Umgebung anzuregen beziehungsweise sich gemeinsam mit ihnen auf den Weg zu machen beim Forschen und Entdecken. Mit Kindern kann man auch wunderbar über Gott und die Welt philosophieren. Diese Gelegenheiten sollten wir nicht verpassen. Deshalb bleibt der sozialpädagogische Beruf spannend und sehr bereichernd auch für das eigene Leben.
Aniela Lichy im Gespräch mit Raphael Schmidt
Quelle: "Tag des Herrn" - Kath.