"Deutschland ist kein einfaches Land"
Und doch ist das Ankommen alles andere als einfach und das liegt nicht nur an der Sprache. Hoch sind vor allem die bürokratischen Hürden. Nicht nur sprachliche Unterstützung findet er im Sprachcafé der Caritas Rheine und Kirchengemeinden.
„Deutschland ist kein einfaches Heimatland“. Diese Erkenntnis hat Yakoob Hussam Agha (22) schnell gewonnen. Der junge Syrer aus Latakia, der vor einem Jahr über die Balkanroute floh, sagt, man müsse es sich „erkämpfen“. Was die Sprache angeht, ist er schon weit gekommen, hat mit YouTube-Videos auf dem Handy begonnen, besucht die Sprachschule und übt regelmäßig einmal in der Woche im Sprachcafé, das die Rheiner Kirchengemeinde rechts der Ems und die Caritas Rheine initiiert haben. Von den vier Einschusslöchern in seinem Fenster, die ein unbekannter Schütze eines Nachts hinterlassen hat, lässt Yakoob sich nicht beirren. Das seien nur „kleine Kugeln“, nichts im Vergleich zu dem, was seinen Landsleuten in der Heimat drohe. Was ihn nur aufhält, ist die nach wie vor fehlende Anerkennung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf).
Daran hängt viel für ihn und viele weitere Flüchtlinge, die in kleinen Gruppen an den Tischen im Basilikaforum begleitet von Ehrenamtlichen mit Sprachbüchern und Spielen Deutsch lernen. Ohne Anerkennung keine Integrationsprüfung und kein Einstieg ins Studienkolleg, was wiederum Voraussetzung für Yakoob ist, sein in Latakia begonnenes Medizinstudium fortsetzen zu können.
Fahrtkosten aus Sozialfonds
Diese Probleme bedrücken auch Dorothee Rücker, die ehrenamtlich im Sprachcafé mitarbeitet: „So können sie nicht ankommen“. Ohne Anerkennung übernehme die Stadt auch nicht die 140 Euro Fahrtkosten monatlich zur Sprachschule nach Münster. Die kommen jetzt aus dem Sozialfonds, der aus Caritas-Sammlungen in den Pfarrgemeinden und weiteren Spenden aufgefüllt wird.
Zum Geld kommt das Engagement. In der Sprachschule seien die Klassen groß, hier im Sprachcafé üben zwei oder höchstens vier Flüchtlinge mit einem Deutschen. Spaß mache es, weil alle sehr motiviert seien. Regelmäßig werden zudem Ausflüge unternommen, um Stadt und Lebensweisen zu vermitteln. Gerne kommen dafür nicht nur junge Erwachsene wie Yakoob, sondern ältere Männer und Frauen und teilweise ganze Familien. Für die jüngeren Kinder wird parallel eine Betreuung angeboten.
„Sprache wie Hölle“
Yakoob ist mit all dieser Unterstützung schon weit gekommen. „Am Anfang war die Sprache wie Hölle“, sagt er. Jetzt denkt er schon auf Deutsch. Damit kann er neben Arabisch, Französisch und Englisch schon seine vierte Sprache. „Und Latein natürlich wegen Medizin“, ergänzt er. Yakoob möchte bleiben und Deutschland zu seiner neuen Heimat machen. Wohl mal zwischendurch zurück gehen und in seiner Heimat helfen, wenn der Bürgerkrieg vorbei ist.
Natürlich sei Syrien noch seine Heimat, aber Heimat sei für ihn der Ort, „der den Menschen zufrieden macht“, sagt Yakoob. Wo er Sicherheit finde und keine Angst haben müsse. Das biete ihm Deutschland. Obwohl, ein bisschen Angst vor der AFD und den Nazis habe er schon. In Syrien war es die Angst, wie sein Cousin gekidnappt zu werden, um Lösegeld zu erpressen. Soviel Geld habe sein Familie nicht und sein Vater habe ihn deshalb auf den Weg geschickt.
15mal mit dem Bamf telefoniert
Und noch etwas macht für Yakoob Heimat aus: „Das ist der Platz, an dem du eine gute Chance hast, Arbeit zu finden“. Das ist noch ein wunder Punkt. „Ich würde gerne arbeiten, egal was“, sagt der junge Syrer. Aber auch da sind die Voraussetzungen schlecht ohne Anerkennung. 15mal habe er schon mit dem Bamf telefoniert. Immerhin habe er schon die Einladung zu seinem zweiten Interview bekommen, sein Tischnachbar erst die erste.
Diese Probleme sind immer wieder Thema im Sprachcafé. 20 bis 30 Ehrenamtliche hören hier immer wieder zu und versuchen zu unterstützen. Das Sprachcafé im Basilika-Forum ist nicht das einzige in der Emsstadt. Weitere gibt es noch im Centro San Antonio der Caritas und an der Elisabeth-Kirche. Auch ein privater Verein biete Sprachunterricht an.