Caritas als Arbeitgeber: "Wir wollen Transparenz leben"
Unser Thema ist die Zukunft der Arbeit bei der Caritas. Wann kommen die ersten Pflegeroboter?
Ich hoffe, die Caritas schafft sie nie an, außer wenn es um technische Unterstützungssysteme geht, um Pflegebedürftige aus dem Bett zu heben. Aber ich wünsche mir kein Pflege-Tamagochi, das dann eine Pflegekraft ersetzt.
Also müssen Sie weiterhin auf Mitarbeitende aus Fleisch und Blut setzen. Nur wir sprechen von einem umkämpften Markt. Wie kommt die Caritas an gute Arbeitskräfte?
Wir sind schon vergleichbar mit anderen Pflegeheimen, aber wir wollen für gute Arbeit auch gutes Geld zahlen. Die Caritas hat bundesweit einen sehr hohen Tarif, der im Vergleich zu vielen anderen Anbietern zum Teil 20 Prozent darüber liegt. Wir erleben, dass die Leute auch wegen der Bezahlung gerne bei uns bleiben. Wer vernünftig zahlt, hat beim Fachkräftemangel einen Fachkräftevorteil. Die Leute können sich auf ihren Lohn verlassen und sind nicht darauf angewiesen, wie der Chef gerade die wirtschaftliche Situation des Pflegedienstes einschätzt.
Also wird auf dem Pflegemarkt auch viel gemauschelt?
Es gibt im Pflegesektor viele Anbieter, die mit Dumpinglöhnen arbeiten und wir sind der Auffassung, dass alle Pflegeanbieter ihre Lohnjournale offen legen müssen, damit das, was sie von den Kostenträgern bekommen, auch an die Mitarbeitenden weiter geht. Wir wollen absolute Transparenz leben, bei uns kann jeder sehen, was die Leute verdienen. Wir veröffentlichen unsere Jahresabschlüsse. Wir sind gemeinnützig, wir machen die soziale Arbeit der Kirche. Das ist mein Credo. Wir sind für die Gesellschaft da, wir sind ein kirchlicher Dienst, also soll auch jeder reingucken können. Zum Beispiel habe ich, als ich vor fünf Jahren kam, sofort mein Gehalt ins Internet gestellt.
Und das reicht?
Nein, wir arbeiten auch daran, dass sich die finanziellen Rahmenbedingungen des Pflegesektors insgesamt verbessern. Wir sind politisch sehr aktiv und arbeiten enorm dafür, dass Pflege mehr Anerkennung bekommt.
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass gerade kirchliche Anbieter die Leute besonders ausbeuten, weil sie unter einem christlichen Deckmäntelchen moralischen Druck aufbauen können. Vor lauter Liebe und Barmherzigkeit kann die Schwester Maria oder der Pfleger Martin auch mal länger auf Station bleiben, um zum Beispiel noch die Adventsfeier mit vorzubereiten. Für Gotteslohn sozusagen.
Unsere Arbeit ist kein 9-to-5-Job. Wer bei der Caritas arbeitet, der muss auch bereit sein, einfach mal über das normale Maß hinaus zu arbeiten. Aber das darf nicht die Regel werden. Deswegen brauchen wir verlässliche Rahmenbedingungen. Deswegen dürfen wir nicht an diesem Ideal der Ordensschwester, die 24 Stunden verfügbar war und sich manchmal selbst ausgebeutet hat, festhalten. Das ist nicht das Bild der Pflege von heute. Und wir dürfen keine Präambel-Theologie machen, nur den frommen Schein wahren, sondern wir müssen immer wieder gucken, was heißt christliche Atmosphäre?
Zu guter Letzt braucht es aber auch Kundschaft. Ist die Caritas ein gefragter Anbieter auf dem Sozial- und Pflegemarkt?
Unsere katholischen Krankenhäuser sind sehr beliebt bei Geburten oder bei der Begleitung von jungen Paaren und Frauen in dieser Situation. Dies war schon in der DDR so. Und ganz wichtig, unsere katholischen Krankenhäuser betreuen viele Menschen, die nicht versichert sind, wohnungslose Menschen, oder EU-Bürger ohne Versicherungskarte. Die Caritas macht so manches, was sich nicht rechnet. Insgesamt erlebe ich schon, dass sich die Caritas einer hohen Beliebtheit auch bei vielen Menschen erfreut, die nicht getauft sind. Wir haben ein stationäres Hospiz und da sind 90 Prozent der Gäste Nicht-Christen. Die Menschen haben das Gefühl, zum Geborenwerden und zum Sterben gehe ich zur Kirche.