Wertloses Altgeld?
Öffentlichkeitsreferent Karl Ferstl (rechts) übergibt Marinus Lass die gesammelten Münzen. Andrea Schödl
Münzen über Münzen, aus aller Herren Länder und in rauen Mengen. Im Caritasverband für die Diözese Eichstätt war es wieder soweit: Rund 93 Kilo gespendetes Altgeld wurden an den Münzhändler Marinus Lass zur Verwertung abgegeben. Der Erlös von rund 1.650 Euro kommt dem Verband zugute.
Kiloweise Münzen
Schweizer Franken liegen neben kanadischen Cents, saudiarabische Fils neben zyprischer Lira und österreichische Groschen neben alten DDR-Pfennigen. Der Berg funkelt kupfergelb mit silbernen und honiggelben Punkten. Oft blickt einem das Konterfei der Queen oder eines Staatsmanns entgegen. Doch am häufigsten sieht man alte Bekannte: Pfennige, Zehnerle, auch mal ein Fünf-Mark-Stück. Unwillkürlich kommt man ins Nachdenken - über vergangene Zeiten und den Wert des Geldes: Wie oft hatte man manche Münze umgedreht, bevor man sich etwas leistete?
Doch beim Anblick des Geldberges kommt nur kurz das Gefühl auf, wie Dagobert Duck in ei-nem See von Talern baden zu wollen. Viele der Münzen sind für sich betrachtet beinahe wertlos. Seit der Euro-Umstellung 2002 werden DM-Stücke nur noch von der Deutschen Bundesbank eingewechselt und in Ländern wie Frankreich, Niederlande oder Spanien gar nicht mehr. Hier besitzen die Nickel- oder Kupfer-Nickel-Münzen nur noch Metallwert.
Gespendet für den guten Zweck
Bei vielen sozialen Einrichtungen, wie auch dem Diözesan-Caritasverband, werden alte Münzen abgeben oder gezielt gesammelt, um sie gemeinnützigen Projekten zugutekommen zu lassen. Für die Verbände wäre es unmöglich, sich selbst um die Verwertung zu kümmern. Das liegt daran, dass die Vielfalt der Münzen zu groß, deren Wert zu unterschiedlich und die einzelne Menge zu klein sind. Tatsächlich begann auch so die Geschichte von Marinus Lass‘ Firma coins.de.
„Ich war Sammler und interessiert an ausländischen Münzen“, erzählt Lass. „Also schrieb ich 30 Einrichtungen an, von denen ich glaubte, dass sie ausländische Währung übrig hätten.“ Zunächst kam keine Antwort, doch dann erhielt Lass einen denkwürdigen Anruf vom Caritasverband Köln: „Herr Lass, wir haben ein Problem – nämlich 1,5 Tonnen Altgeld.“ Kaum war der Devisenberg in harte Währung umgemünzt, folgte der zweite Anruf, diesmal vom Caritasverband Münster: „Wir haben Altgeld.“ Als erneut alles umgewechselt war, erfolgte der dritte Anruf, diesmal vom Caritasverband Aachen: „Auch wir haben ein Problem.“ „Ich wurde praktisch weitergereicht“, erzählt Lass schmunzelnd. Mit dieser ersten Herausforderung im Jahr 1998 sammelte der Laie Erfahrungen. Dann – 2004, als der Mann aus der Computerbranche vor einem beruflichen Einschnitt stand – wagte er zusammen mit seiner Frau den Schritt in die Selbstständigkeit. Heute sortiert und verwertet er mit 14 Mitarbeitern jährlich rund 200 Tonnen alter Währung. „In Kontinentaleuropa bin ich der Einzige, der so etwas gewerblich betreibt“, sagt Lass. Er kümmert sich um die Sammelboxen an den Flughäfen von Frankfurt bis Helsinki oder die Münzen aus dem Trevibrunnen in Rom.
Die knapp 93 Kilo Altgeld brachten einen Sammelerlös von rund 1.650 Euro für die Caritasarbeit im Bistum Eichstätt. Andrea Schödl
Die Geldstücke sind nicht zuletzt wegen ihres immensen Gewichts eine logistische Herausfor-derung. „Rein rechnerisch kommen bei uns täglich 600 Kilogramm Münzen rein – diese müssen aber auch täglich wieder raus“, erklärt der Geschäftsinhaber. Eine Maschine übernimmt die Vorsortierung, danach ist es Handarbeit. Währungen, die noch existent sind, werden in die Länder zurückgebracht und dort umgetauscht. Dann gibt es Devisen, die zwar nicht mehr im Umlauf sind, aber dennoch an speziellen Stellen eingetauscht werden können. Zuletzt gibt es diejenigen, die aus dem Zahlungsverkehr genommen wurden. Manche von ihnen haben noch einen gewissen Sammlerwert und gehen an Münzhändler. „Der Umgang mit solch großen Mengen an Münzen ist nicht unproblematisch“, erklärt Lass. Der gewerbliche Handel mit Zah-lungsmitteln sei in Deutschland streng reglementiert. Über seine angemeldete Firma könne er jedoch die Spendengelder gesetzeskonform in Euro umtauschen.
Umtausch rentabler Menge
Der Tausch kann erst beginnen, wenn eine rentable Menge vorliegt. „In einer verblomten Box verschiffen wir die Münzen beispielsweise nach Thailand“, erklärt Lass. Im Ursprungsland wür-den sie dann eingetauscht. „Das klappt ganz gut.“ Trotzdem bestünde immer die Gefahr, dass etwas wegkomme. „Bei Restdevisen sind Werttransporte unrentabel“, sagt er. Inzwischen weiß Lass, welche Länder wirklich riskant sind. „Südafrika ist immer gefährlich, aber eine Bewachung rechnet sich nicht.“ Dem passionierten Münzsammler ist es wichtig, die Währungen einer sach-gerechten Verwertung zuzuführen. „Entweder landen sie wieder im Zahlungsverkehr oder in der Metallverarbeitung.“ Nur manche Kuriositäten, wie blecherne Wallfahrtsanhänger oder Apothe-kentaler, kann am Ende niemand mehr gebrauchen.
Alte Währungen oder Restdevisen aus vergangenen Urlauben können beim Diözesan-Caritasverband in Eichstätt und bei allen anderen Caritas-Einrichtungen – Seniorenhei-men, Kreisstellen, Sozialstationen und Beratungsstellen in der Diözese Eichstätt – abge-geben werden. Der Erlös aus dem Umtausch unterstützt die Caritasarbeit in der Diözese.