Die Reform kann sich sehen lassen
Viele Jahre hat sich der Deutsche Caritasverband dafür eingesetzt, dass der Kinderzuschlag weiterentwickelt wird und die Bildungs- und Teilhabeleistungen ausgeweitet werden. Mit dem Starke-Familien-Gesetz ist nun ein wichtiger Schritt gelungen, die finanzielle Situation von Familien im unteren Einkommensbereich zu verbessern und die Teilhabechancen von Kindern und Jugendlichen zu erhöhen (siehe dazu auch neue caritas, Heft 2/2019).
Ein Teil der Änderungen tritt bereits zum 1. Juli 2019 in Kraft. Der Kinderzuschlag wird von aktuell maximal 170 Euro auf 185 Euro pro Monat und Kind erhöht und in Zukunft dynamisiert. Verbessert wird die Anrechnung von Einkommen des Kindes. Das Kindeseinkommen mindert den Kinderzuschlag zukünftig nur noch zu 45 Prozent statt wie bisher zu 100 Prozent. Die Inanspruchnahme wird durch einen einheitlichen Bewilligungszeitraum von sechs Monaten, in dem regelmäßig das Einkommen der letzten sechs Monate vor Antragstellung maßgeblich ist, wesentlich vereinfacht. Ist das Einkommen im Bewilligungszeitraum tatsächlich geringer, können ergänzend zum Kinderzuschlag SGB-II-Leistungen beantragt werden.
Weitere Änderungen beim Kinderzuschlag treten im nächsten Jahr in Kraft. Die sogenannte Abbruchkante, bei der bislang der Kinderzuschlag schlagartig entfallen ist, wird erst zum 1. Januar 2020 abgeschafft. Dazu wird die individuelle Höchsteinkommensgrenze sowie die Grenze zur Vermeidung von Hilfebedürftigkeit (obere Einkommensgrenzen) aufgehoben. Auch die Anrechnung von Einkommen der Eltern wird sich zu diesem Zeitpunkt ändern. Zusätzliches Einkommen der Eltern wird den Kinderzuschlag dann nur noch zu 45 Prozent statt bisher zu 50 Prozent mindern.
Kinderzuschlag muss bekannter werden
Leider wurde es erneut versäumt, ein echtes Wahlrecht zwischen dem Kinderzuschlag und SGB-II-Leistungen einzuführen. Ermöglicht wird zwar ein "erweiterter Zugang" zum Kinderzuschlag für Familien, die bisher kein Arbeitslosengeld II beziehen oder beantragt haben. Die Regelung gilt aber nur für Familien, denen mit ihrem Erwerbseinkommen zusammen mit Kinderzuschlag und Wohngeld höchstens 100 Euro zur Überwindung von SGB-II-Hilfebedürftigkeit fehlen. Abzuwarten bleibt, ob die Neuregelungen zu einer deutlich höheren Inanspruchnahme des Kinderzuschlags führen. Hier wird es auf eine gute Beratung durch die zuständigen staatlichen Stellen und auch die Berater(innen) der freien Wohlfahrtspflege ankommen sowie auf eine gute Öffentlichkeitsarbeit, um den Kinderzuschlag weiter bekanntzumachen.
Einen echten Durchbruch hat es beim Bildungs- und Teilhabepaket gegeben. Alle Bildungs- und Teilhabeleistungen mit Ausnahme der Lernförderung sind ab 1. August 2019 vom SGB-II-Antrag auf Leistungen zum Lebensunterhalt mit umfasst. Durch den Globalantrag ist davon auszugehen, dass mehr Familien durch diese Leistung erreicht werden. Außerschulische Lernförderung wird unabhängig von der Versetzungsgefahr auf Antrag gewährt. Für Teilhabeleistungen stehen zukünftig 15 anstelle von zehn Euro monatlich zur Verfügung. Das Schulbedarfspaket wird von 100 Euro auf 150 Euro erhöht. Ein Eigenanteil für Mittagessen und Schülerbeförderung wird nicht mehr erhoben. Klargestellt wurde auch, dass die Aufwendungen für die Schülerbeförderung auch dann gewährt werden, wenn die Kinder zum Beispiel ein musisches oder naturwissenschaftliches Gymnasium besuchen, die nächstgelegene Schule aber eine sprachliche Ausrichtung hat.
Mehr Kinder profitieren
Insgesamt kann sich die Reform sehen lassen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass in den nächsten beiden Jahren jeweils etwa 328.000 Kinder durch Bildungs- und Teilhabeleistungen zusätzlich erreicht werden. Da der Kinderzuschlag allerdings weiterhin sehr komplex ist, sind hier weitere Anstrengungen notwendig, das System transparenter zu machen, damit noch mehr Familien erreicht werden. Die Berechnung des Anspruchs sollte deutlich vereinfacht werden, so dass sie für Familien nachvollziehbar und eine Anspruchsberechtigung einschätzbar wird. Hilfreich könnte hier im digitalen Zeitalter ein Internetrechner sein, der sämtliche Leistungsansprüche ausweist.
Damit Kinder und ihre Familien besser erreicht werden und Schnittstellenprobleme sowie Wechselwirkungen möglichst vermieden werden, sollte jedoch langfristig eine einzige Leistung für Kinder geschaffen werden, die sich an einem bedarfsgerechten und teilhabesichernden kindlichen Existenzminimum orientiert und die bestehenden Transferleistungssysteme für Kinder und Familien zusammenführt und ersetzt.
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