Ein Berufsbild in Bedrängnis
Wenn ein Elternteil erkrankt und die Versorgung der Kinder nicht gewährleistet ist, springt die Familienpflege ein. Ein Angebot, das wenig bekannt ist - und das, wenn die Entwicklung sich fortsetzt, noch mehr aus dem Blick verschwinden wird. Denn häufig steht vor dem Einsatz ein Ringen mit der Krankenkasse um die Finanzierung. Eine zermürbende Diskussion, die zur Folge hat, dass immer mehr Caritas-Träger in Nordrhein-Westfalen aus diesem Angebot aussteigen.
Familienpflege ist ein Einsatz in einem sensiblen Bereich: Neben der Unterstützung im Haushalt sind Kinderbetreuung und -versorgung gefragt. Und bei aller Nähe gilt es, eine professionelle Distanz zu wahren. Eine dreijährige Ausbildung mit hauswirtschaftlichen, pflegerischen und pädagogischen Inhalten bereitet darauf vor. Ein spannendes Arbeitsfeld und eine Qualität, die ihren Preis hat: Mindestens 45 Euro pro Stunde muss Familienpflege erwirtschaften, um kostendeckend zu sein. Die Krankenkassen aber sind häufig nur bereit, 28 Euro oder weniger zu zahlen. Seit 2011 wird auf Landesebene über diese Finanzierung verhandelt - bislang ergebnislos. Währenddessen wird vom Versicherer lieber empfohlen, eine günstige Haushaltshilfe aus dem privaten Umfeld zu suchen. Aus wirtschaftlicher Sicht mag das sinnvoll erscheinen, für die Familien ist es oft eine Katastrophe, da die Notlage eine emotionale Stresssituation bedeutet, die alle Beteiligten schnell überfordert. Viele wissen nicht einmal, dass es Fachkräfte gibt, die auf Situationen wie die ihre vorbereitet sind.
Viele wissen nicht, dass es Fachkräfte für familiäre Notsituationen gibt
Auch die Caritas-Träger befinden sich in einer schwierigen Position. Viele würden den Dienst gerne weiter anbieten, können es sich aber nicht leisten. Familienpflegerinnen werden in akuten Notsituationen gebraucht. Waren es früher oft Risikoschwangerschaften oder Krankenhausaufenthalte, so sind es heute Langzeiterkrankungen auch im psychischen Bereich oder die Überforderung der Eltern, die eine qualifizierte Hilfe erforderlich machen. Im Sinne der Familien, aber auch im Sinne eines wichtigen Berufsbildes, das in seiner Existenz bedroht ist, bleibt zu hoffen, dass die Verhandlungen um die Finanzierung bald zu einer - für alle Seiten tragbaren - Einigung führen.