Weihbischof Manfred Grothe beim Josefstag in Hagen
Im Rahmen des Josefstages unter dem Motto „Kennen wir uns?“ besuchte der Vorsitzende des Diözesan-Caritasverbandes die Berufliche Eingliederung des Caritasverbandes in Hagen. Der Josefstag ist ein bundesweiter Aktionstag, der die Bedeutung katholischer Träger für die Integration benachteiligter Jugendlicher hervorhebt.
Die Frage war interessiert und ehrlich. „Was ist chillen“, fragte der Weihbischof Henning und Max. Die jungen Leute waren um eine Antwort nicht verlegen. „Man relaxt, trifft sich mit Freunden, es ist etwas zum Entspannen, etwas Ruhiges“, erläutert Henning. Zu neunt stehen sie an diesem Tag Weihbischof Manfred Grothe Rede und Antwort. Und er ihnen.
Der Weihbischof bekam Dinge zu hören, die ihm in seiner Caritas-Funktion das Herz weit öffneten. „Ohne die Caritas hätte ich mich nicht verändert“, gibt Aladin offen zu. „Sie sagen einem hier, was wichtig für mich ist.“ Und Marlena ergänzt: „Es ist einfach super gut. So individuell wie hier wird man nirgendwo sonst betreut.“ Zu neunt bereiten sie sich in einer Berufsvorbereitenden Maßnahme des Caritasverbandes unter der Leitung von Sozialarbeiter Oliver Droste darauf vor, im Sommer eine Ausbildung zu beginnen. Kurvig waren ihre Lebenswege, zu kurvig, um auf direktem Weg in Arbeit zu kommen. Jetzt gibt es Unterstützung vom Caritasverband, die dankend angenommen wird. Acht von neun Jugendlichen können im Sommer mit einer Ausbildung beginnen. „Da gratuliere ich“, sagte Grothe sichtlich erfreut, dass der Einsatz der Mitarbeiter von Erfolg gekrönt sein wird. Auch wenn seine Frage „Kanntet ihr die Caritas vorher“, durchweg verneint wurde.
Offen und ehrlich sind die Gespräche an diesem Vormittag. Und Weihbischof Grothe nimmt sich Zeit, will wissen, was in der Lebenswelt 16- bis 18-Jähriger passiert. „50 Jahre trennen mich von Ihnen“, gibt der 71-Jährige zu bedenken. Aber auch die jungen Leute möchten wissen, was ein Weihbischof in seiner Freizeit macht, nachdem sie ihm von ihren Tätigkeiten (Skaten, Sport, Freunde Treffen, Lesen, Kino) berichtet haben. „Freizeit habe ich eigentlich nicht. Mein Leben ist stark bestimmt von meinem Dienst“, meint er, „Freizeit ist im Urlaub, wenn ich an der See oder im Schwarzwald bin. Bis vor zwei Jahren bin ich auch noch Ski gefahren.“ Er fährt Fahrrad, geht schwimmen. Ganz normale Sachen halt. Darüber hinaus aber lebt er sein Amt – nahezu rund um die Uhr. Kino? Da muss er lange überlegen, wann er zuletzt einen Film gesehen hat. Und gibt gleich zu, dass ihm da Erfahrungen fehlen, die eigentlich wichtig seien. Wann er aufsteht (6 Uhr) verrät er ihnen ebenso wie die letzte Tätigkeit am Tag: „Nachrichten gucken. Abends um viertel vor 10.“
Gegenseitiger Respekt beherrscht die Runde. Zunächst zögerlich kommen die Fragen nach der Kindheit und Jugend des Bischofs. „Mathe“, sagt er, „was mein Lieblingsfach – wobei das in Anführung steht!“ Und so versteht er es selber kaum, dass ihn sein berufliches Wirken sehr viel mit Finanzen zusammenbringt. Musste er doch 25 Jahre die Finanzen des Bistums verwalten. Aber, so will er auch deutlich machen, oft wisse man nicht, was komme im Leben. Was er von der Lage in Japan halte, will Vincenza dann noch wissen. „Ich hatte schon kein Verständnis, dass die Laufzeiten von Atomkraftwerken verlängert werden“, sagt Manfred Grothe. „Atomkraft ist unbeherrschbar“, gibt er ein klares Votum ab. „Treten Sie mit dafür ein, dass wir von der Atomkraft wegkommen.“ Die jungen Leute sind beeindruckt. Ob sie so klare und offene Worte nicht erwartet haben?
Manfred Grothe hat damit gar kein Problem. Gerne wäre er noch geblieben, die Zeit aber drängt. „Habt ihr Träume?“, will er zum Abschied wissen. Damit rücken sie nicht recht heraus. Wobei ein Traum kurz vor der Erfüllung steht: Der ersehnte Ausbildungsplatz ist greifbar nah.