Orientierung fürs Leben
Ihre Kinder waren sofort begeistert. "Toll, Mama, dass du was für dich machst", haben sie zu ihr gesagt. Maria Scholz lächelt, wenn sie davon erzählt. Die 48-Jährige sitzt im Personalraum der Kindertagesstätte Herz Jesu in Mainz-Mombach. Hier arbeitet die gebürtige Brasilianerin seit August 2018 als Bundesfreiwilligendienstleistende (BFDlerin). Dass Scholz ihren BFD in einem Kindergarten machen wollte, stand für sie fest. Zum einen ist sie in Brasilien zur Grundschullehrerin ausgebildet worden. Zum anderen hat sie schon ihr Leben lang mit Kindern zu tun. "Ich komme aus einer großen Familie, ich bin die älteste von insgesamt neun Geschwistern und musste mich immer auch um meine jüngeren Schwestern und Brüder mit kümmern", erzählt sie.
Seit über 20 Jahren lebt Maria Scholz in Deutschland, hat während ihrer Zeit als Au-pair ihren Mann kennengelernt. Ihre Kinder, 16 und 19 Jahre alt, sind aus dem Gröbsten raus. Da hat sie eine neue Aufgabe für sich gesucht, etwas "wo sie mit Menschen arbeiten kann". Deswegen hat sie sich für einen BFD entschieden. Und ist froh, in der Kita Herz Jesu arbeiten zu können. Die Ein-richtung ist eine der beiden Kitas der katholischen Kirchengemeinde St. Niko-laus, 55 Kinder zwischen einem und sechs Jahren werden hier betreut. "Das Team ist toll", sagt sie. Und auch die Arbeit mit den Kindern macht ihr Spaß: Spielen, Basteln, Geschichten erzählen, beim Frühstück und Mittagessen helfen - das sind ihre Aufgaben. Ihren BFD sieht sie als Einstieg ins Berufsleben, hofft, nach dem Ende ihrer Dienstzeit als Aushilfe in Mainzer Kindergärten arbeiten zu können.
"Alle sagen, ich bin viel ausgeglichener als früher."
Marius Lotz hat eine negative Erfahrung zum BFDler gemacht. Der 21-Jährige aus dem hessischen Hainstadt hatte im vergangenen Jahr eine Ausbildung zum Elektroniker abgeschlossen, danach noch drei Monate in seinem Beruf gearbeitet. "Mein Beruf hat mir aber nicht gefallen und mir keinen Spaß ge-macht. Ich war unglücklich, oft schlecht gelaunt", berichtet er. Also hat er sich Alternativen überlegt. "Ich bin Jugendfußballtrainer und trainiere beim JFV Hainburg-Seligenstadt die Bambinis, also die ganz kleinen Fußballspieler." Da habe er sich gefragt, ob er nicht mit Kindern arbeiten, vielleicht Erzieher werden möchte. Aber um zu sehen, ob das auch langfristig ein Beruf für ihn sein könnte, hat er im September 2018 einen BFD in der Kindertagesstätte "Arche Noah" begonnen, die zur katholischen Kirchengemeinde St. Wendelinus in Hainstadt gehört.
Wie die anderen Erzieherinnen auch, spielt und beschäftigt er sich mit den drei- bis sechsjährigen Mädchen und Jungen, fördert ihre Fähigkeiten. Und tatsächlich ist der Beruf auch langfristig etwas für ihn: Noch bis zum ersten August geht sein BFD, dann beginnt Marius Lotz eine Ausbildung zum Erzieher. Der neue Beruf macht ihm Spaß: "Ich freue mich, jeden Tag in die Kita zu kommen. Und wenn ich mal schlecht drauf bin, vergesse ich das ganz schnell, wenn die Kinder anfangen zu lachen." Seine Entscheidung für einen BFD sei goldrichtig gewesen: "Alle sagen, ich bin viel ausgeglichener als früher."
BFD soll "gute Erfahrung" sein
Maria Scholz und Marius Lotz sind zwei von derzeit rund 100 BFDlern, die vom Diözesancaritasverband (DiCV) Mainz betreut werden. "Die BFDler sind eigentlich in allen Caritas-Einrichtungen tätig, vor allem aber in Altenheimen und Kitas", sagt Tobias Küsters, DiCV-Referent für Freiwilligendienste. Er kümmert sich um die organisatorische Begleitung der BFD-Einsatzstellen, organisiert Fortbildungen, steht im Kontakt mit dem Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben, das für die Durchführung des BFD verantwort-lich ist. "Außerdem besuchen wir jeden Freiwilligen in seiner Einsatzstelle und gestalten die pädagogischen Begleitseminare", sagt er. Die fachliche Ausbildung der BFDler erfolgt in den Einsatzstellen, es gibt eine feste Ansprechperson. Ihm ist es wichtig, dass der BFD eine "gute Erfahrung" für die Frauen und Männer ist. Es soll "ein gutes Jahr sein und Orientierung fürs Leben geben - egal wie alt man ist", sagt Tobias Küsters.
BFD beim DiCV Mainz
Der Bundesfreiwilligendienst ermöglicht es Menschen ohne Altersbeschränkung, sich zeitlich befristet sozial zu engagieren. Er ist 2011 als Initiative zur freiwilligen, gemeinnützigen und unentgeltlichen Arbeit in Deutschland eingeführt worden. Ende März 2019 leisteten bundesweit rund 40.500 Frauen und Männer einen Bundesfreiwilligendienst. Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig: Im Bereich des DiCV Mainz engagieren sich Frauen und Männer in Kitas, stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, bei katholischen Ju-gendverbänden, Pfarrgemeinden und Hochschulgemeinden, in Krankenhäusern, Altenheimen, Wohngemeinschaften, Sozialstationen, in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen und für Wohnungslose oder bei Tafeln und So-zialkaufhäusern, Bildungshäusern und Caritaszentren. Bei einer Vollzeitstelle gibt es 190 Euro Taschengeld und eine Verpflegungskostenpauschale von rund 250 Euro. Außerdem gibt es so genannte Bildungstage.
Infos: unter www.caritas-bistum-mainz.de unter dem Reiter "Engagement und Spenden" oder unter www.bundesfreiwilligendienst.de
Text: Alexander Matschak