Alkohol-Karrieren beginnen früh …
Sie schäkern laut, singen, trinken Wodka, Sekt und Rum aus Flaschen. Die jungen Niederländer aus Zwolle machen richtig Party. Einer drückt dem verdutzten Passanten einen Bierdeckel in die Hand. "Vollrausch" steht da drauf. Aktion gelungen. Denn die Niederländer haben keinen einzigen Tropfen Alkohol intus, die Flaschen sind mit Wasser und Saft gefüllt. Sie haben sich spontan an einem Flashmob gegen Alkoholmissbrauch beteiligt. "Vollrausch" heißt die Aktion, mit der "youngcaritas im ruhrbistum", die Sucht-Selbsthilfeorganisation "Junger Kreuzbund" und die Sucht-Beratungsstelle der Caritas für die Stadt Essen auf die Risiken und Folgen von Alkohol gerade für Kinder und Jugendliche aufmerksam machen wollen. Der scheinbar spontane Auflauf (neudeutsch: Flashmob) zeigte Wirkung: Passanten guckten und äußerten sich kritisch über die nur augenscheinlich betrunkenen Jugendlichen. Das Aktions-Team verteilte die erklärenden Bierdeckel - und informierte über Alkoholsucht und deren Folgen. Auch Chris und Maximilian aus Raesfeld machten spontan beim Fake-Besäufnis mit. "Das ist schon krass, wie sich manche weghauen. Ist schon gut, dass man mal auf sowas aufmerksam macht", sagt Max. Die beiden 14-Jährigen haben noch nie Alkohol getrunken. Fakt ist, dass, obwohl gesetzlich verboten, 70 Prozent der Zwölf- bis 17-Jährigen schon Alkohol trinken.
"Trotz eines aktuell leicht rückläufigen Trends ist die Zahl der Jugendlichen, die mit akuter Alkoholvergiftung im Krankenhaus behandelt werden müssen, immer noch zu hoch", sagt Hildegard Pleuse, Sucht-Expertin beim Diözesan-Caritasverband. In Deutschland seien über 100.000 unter 25-Jähirge alkohol-abhängig oder stark alkoholgefährdet. "Ein Problem, auf das wir aufmerksam machen wollen - gerade bei den Jugendlichen", erklärt Sarah Scholl von "youngcaritas" den Grund der Aktion. "Die Alkoholiker-Karrieren fangen immer früher an", bestätigt Udo Kajdan vom Kreuzbund. Die Sucht-Selbsthilfeorganisation hat deswegen einen eigenen Gesprächskreis für junge Alkoholiker gegründet. Derzeit sind es eine Handvoll Jugendliche, die sich zweimal im Monat in Gelsenkirchen zu Gesprächen treffen. "Durch solche Aktionen wollen wir noch mehr Jugendlichen die Möglichkeit geben, ihr Problem zusammen mit anderen anzugehen", sagt Kajdan. Gerade bei Jugendlichen sei eine frühe Begleitung und Therapie sehr wichtig, schildert Christa Szamida. Als Leiterin der Caritas-Suchtberatungsstelle in Essen weiß sie, dass gerade bei Jugendlichen familiäre Probleme die häufigste Ursache von Alkoholsucht sind.
Weitere Infos www.vollrausch.youngcaritas.ruhr