Kindererziehung made in Bethlehem...
Oüafa ist begeistert von dem KESS-Kurs im Berliner Wedding: "So etwas braucht jede Mutter!" Vor zwei Jahren ist die dreifache Mutter aus Syrien nach Berlin gekommen. Es helfe ungemein, dass der Kurs auf Arabisch angeboten werde, sagt sie. Und das Fazit von Lamis Ghareb: "Es ist im Prinzip das Gleiche wie in Bethlehem und trotzdem sind die Erfahrungen hier einzigartig."
Im Vorfeld war sich die palästinensische Ausbilderin für Krankenschwestern überhaupt nicht sicher, ob der Kurs hier funktionieren würde: "Wir wussten nicht, ob wir die Araber hier mit unseren üblichen Erklärungen erreichen. Wir sind mit der Einstellung hergekommen: Wir erwarten Unerwartetes und tun unser Bestes", so Lamis.
Ähnlich verunsichert reiste vor zwei Jahren die Berlinerin Simone Marienfeld nach Bethlehem, um gemeinsam mit einem Freiburger Kollegen den ersten KESS-Kurs im Caritas Baby Hospital zu geben. "Für mich war es ein Wunder, wie das aufgegangen ist." Viel verändert haben die palästinensischen Kollegen nicht. In einem Rollenspiel wurde höchstens mal aus dem Schmetterling eine Eidechse - schlichtweg, weil es in Bethlehem kaum Schmetterlinge gibt.
Grundsätzlich seien die sozialen Bedürfnisse von Kindern überall auf der Welt die gleichen, sagt Simone Marienfeld. Seit vielen Jahren ist die Beraterin in der Familienarbeit tätig, arbeitet als KESS-Ausbilderin und vermittelt Berliner Eltern das "KESS-Prinzip": sich in das Kind hineinversetzen, daraus dessen Verhalten verstehen und entsprechend selbst handeln.
"Die Eltern sollen mit ihren Kindern leben und nicht für sie", ist auch so eine wichtige Aussage des Kurses, betont Lamis, die damals mit ihrer Kollegin Rabab Kawas in Simone Marienfelds Kurs saß. Gerade in der arabischen Tradition solle aber die Mutter alles für die Kinder, das Zuhause und den Ehemann geben. "Ich erlebe in jedem Kurs, wie Teilnehmerinnen mir sagen: ,Ich mag diese Aussage und verstehe jetzt auch die Bedeutung.‘"
Mittlerweile gehen Rabab und Lamis mit den KESS-Kursen auch an Schulen, ins SOS-Kinderdorf und sogar zu den Beduinen. Innerhalb der Familie stark zu sein ist in einer Gegend wie dem Westjordanland besonders wichtig. Wirtschaftliche Engpässe, die politischen Spannungen und die tagtäglichen Einschränkungen sind enorm. "Das ist auch Stress für die Kinder", erklärt die Sozialarbeiterin Rabab. "Die Eltern fühlen sich schuldig und wollen bei uns Antworten finden, wie sie trotz der schwierigen Umstände in der richtigen Art und Weise handeln."
Und Lamis ergänzt: "In allen Bereichen unseres Lebens spielt die Mauer eine Rolle." Von ihrem Engagement für die Familien kann die Mauer Rabab und Lamis jedoch nicht abhalten. Selbst den hürdenreichen Weg nach Berlin haben sie nun auf sich genommen, um Landsleuten in einem fremden Land in der Kindererziehung zur Seite zu stehen. Und um "diese beeindruckende, schöne, wirklich große Stadt" kennenzulernen.
Kontakt:
Simone Marienfeld
simone@marienfeld-berlin.de