Spielräume bei Einnahmen nutzen
Freiheit, Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit - mit diesen Werten ist die Ampel vor zwei Jahren angetreten. Ein Zukunftsdreiklang! Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse allerdings ist klar: Zur Finanzierung ihrer Ziele nahm die Koalition den Verfassungsbruch bewusst in Kauf. Und es gab keinen Plan B für den Fall des Urteils, das man hätte kommen sehen müssen. Zu den objektiven addieren sich jetzt die hausgemachten Probleme uneinlösbarer Versprechen.
Es braucht Klugheit, Kompromissfähigkeit und Verantwortung, um mit den Anforderungen einer schuldenarmen Haushaltsführung im föderalen Staat klarzukommen - national und europäisch, in den Bundesländern und Kommunen: ohne die populäre Hierarchisierung von "investiven" Staatsausgaben im Verhältnis zu konsumtiven und ohne das Schlupfloch, Schulden kurzerhand in Sondervermögen zu packen. Mit schwieriger Balance der grünen Null im Verhältnis zur schwarzen Null. Und mit der Notwendigkeit, schnell Klarheit zu schaffen. Denn die Chipfabrik in Magdeburg und das Stahlwerk in Dillingen haben sich auf den Klimatransformationsfonds verlassen. Und für unsere Einrichtungen und Dienste und ihre Klient:innen ist eine monatelange Hängepartie Gift.
Ob der Bundestag für 2024 ein Aussetzen der Schuldenbremse verfassungsfest begründen kann, ist unsicher. Bevor man ein nächstes Fiasko in Karlsruhe erlebt, sollte man Ausgaben und Einnahmen gründlich prüfen, denn jede Kreditaufnahme heute führt in den Staatskassen zu einer Verengung der Gestaltungsspielräume von morgen, wenn die Zinslast drückt. Bei der Priorisierung von Einnahmen und Ausgaben braucht es einen sozialen Kompass: Es wäre fatal, wenn die Axt bei der sozialen Infrastruktur angelegt oder Sozialtransfers pauschal als Faulenzer-Prämie diskreditiert würden.
Ich halte es für zwingend, dass die Bundesregierung Einnahmespielräume nutzt. Die Steuerprivilegien für Dienstwagen, gutverdienende Pendler:innen und Flugbenzin müssen weg. Ebenso ist die großzügige Bezuschussung privater Investitionen zu hinterfragen. Im Wettstreit mit China und den USA sind Subventionen leider zu einer teuren Selbstverständlichkeit geworden. Gewinne privatisieren und Verluste im Gegenzug vergesellschaften - diese Logik muss überdacht werden, ebenso wie die Niedrigsteuern bei großen Erbschaften und Schenkungen.