Mietpreise außer Kontrolle
Der Berliner Mietendeckel ist passé. Das Bundesverfassungsgericht hat Mitte April 2021 in seinem Urteil festgestellt, dass ein solches Instrument zur Regulierung der Mieten nicht in der Kompetenz der Bundesländer liegt.
Das Urteil kam nicht überraschend. Denn von Anfang an hatten viele Juristinnen und Juristen davor gewarnt. War es nun ein mutiger Versuch des Berliner Senats oder ein von vorneherein zum Scheitern verurteiltes Unterfangen, das eher Wähler(innen)stimmen bringen sollte? Unbestreitbar ist, dass viele in den Berliner Regierungsfraktionen selbst an der Rechtsgültigkeit des Mietendeckels beziehungsweise einiger seiner Bestandteile zweifelten. Jetzt hat sie, aber vor allem die über 1,5 Millionen Mieter(innen) in Berlin das Urteil mit voller Wucht getroffen. Viele Mieter(innen) müssen jetzt mit Rückforderungen ihrer Vermieter(innen) und mit steigenden Mieten rechnen, manche vielleicht sogar mit Wohnungsverlust. Und das Ganze mitten in der Pandemie.
Der Berliner Senat konnte das Virus nicht erahnen, aber er wusste, dass er mit den Hoffnungen der Menschen spielte - und das auf dem Boden eines rechtsunsicheren Instruments. Es wäre verantwortungsbewusster gewesen, den Mietendeckel so zu gestalten, dass er rechtssicher und nicht rückwirkend ist. Kritisch zu bewerten ist zudem, dass die Berliner Koalition immer verschnupft reagierte, wenn wir als Wohlfahrtsverbände einen Plan B einforderten, falls der Mietendeckel vor Gericht scheitert - was gerade passiert ist. Jetzt müssen ad hoc Härtefall-Lösungen aus dem Hut gezaubert werden - bislang ohne jede Beteiligung der Wohlfahrtsverbände. So kann man mit Mieterinnen und Mietern nicht umgehen!
Bundesregierung muss nachhaltige Regelungen schaffen
Instrumente zur Mietpreisdrosselung sind dringend notwendig, und die bisherigen Lösungen auf Bundesebene reichen nicht aus. Es braucht rechtssichere und kalkulierbare Instrumente, die die Mietenentwicklung nachhaltig bremsen und bezahlbaren Neubau fördern. Deshalb wird es eine der wichtigsten Aufgaben der neuen Bundesregierung sein, dafür Regulierungsmechanismen zu entwickeln. Aber bitte mit Sorgfalt und ohne Hauruckpolitik! Denn die Kosten dafür zahlen die Mieter(innen) und die kleinen Vermieter(innen).
Gemeinwohlorientierte Mieten- und Wohnungsbaupolitik ist Sozialpolitik und muss deshalb auch ganz oben auf der Agenda der Caritas stehen. Dazu gehört auch die Frage nach der Gemeinwohlorientierung von Boden und der Schaffung von Eigentum für Menschen mit geringerem Einkommen. Denn Wohnen ist ein Menschenrecht und darf nicht länger ein Armutsrisiko bleiben!