Ein etabliertes Angebot, das immer noch nach Geldgebern suchen muss
Frühe Hilfen besitzen in der Caritas und beim Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) eine jahrzehntelange Tradition - seit gut zehn Jahren heißen sie "Frühe Hilfen in der Caritas" und "Guter Start ins Leben - Frühe Hilfen im SkF". Beide Verbände haben ihre Frühen Hilfen mit unterschiedlichen Ausprägungen in eigenen Modellprojekten erprobt, evaluiert und kontinuierlich weiterentwickelt. Dabei griffen sie auch neue gesellschaftliche Herausforderungen wie die Nöte geflüchteter Familien auf. Als Stolperstein erweist sich immer wieder die ungesicherte Finanzierung vieler guter und bewährter Angebote. Um valide Daten für fachpolitisches Handeln zu generieren, mit dem Ziel, das Angebot zu verstetigen, führten Caritas und SkF eine gemeinsame Online-Erhebung durch. Mit dieser gelang es, einen Überblick insbesondere über die Struktur und die regionale Verteilung der Frühen Hilfen sowie die Finanzierung der Angebote zu gewinnen. Bei einem Austauschforum diskutierten die Teilnehmenden die Ergebnisse der Online-Erhebung und entwickelten erste Ansätze für Strategien zur finanziellen Absicherung der Angebote.1
Erziehungsberatung, Elterncafés und Kleiderkammern
An der Online-Befragung haben sich insgesamt 220 Fachdienste beteiligt und Angaben zu insgesamt 894 Angeboten Früher Hilfen gemacht. Am stärksten vertreten sind die Fachbereiche Schwangerschaftsberatung, Frühe Hilfen und Erziehungsberatung. Knapp zwei Drittel der Rückmeldungen kamen von örtlichen Caritasverbänden, ein Drittel aus SkF-Ortsvereinen.
Die Rückmeldungen lassen ein breitgefächertes Spektrum an Angeboten erkennen, wie die Grafik oben zeigt.
Vor Ort hält jeder Träger eine differenzierte Palette Früher Hilfen vor. Sie besteht insbesondere aus Beratungsangeboten (mit den Schwerpunkten Bindungsförderung, Erziehung und Gesundheit), sehr niedrigschwelligen Anlaufstellen (wie Elterncafés und Kleiderkammern) sowie ehrenamtlichen Familienpatenschaften mit professioneller Begleitung. Im Bereich der Bindungsförderung wird entwicklungspsychologische Beratung besonders häufig angeboten. Digitale Instrumente, insbesondere Online-Beratung, im Kontakt mit der Zielgruppe nutzen 44 Prozent der Anbieter. Mit der Hälfte der Angebote werden jährlich bis zu 30 Familien erreicht, mit der anderen Hälfte über 30 Familien.
Fast die Hälfte aller Angebote wird im Wesentlichen durch Sozialpädagog(inn)en realisiert (48 Prozent), 15 Prozent durch (Familien-)Hebammen und Kinderkrankenschwestern und weitere 16 Prozent durch Psycholog(inn)en, Diplom- und Heilpädagog(inn)en, weitere Gesundheitsfachkräfte und Erzieher(innen). 20 Prozent der Angebote werden durch Ehrenamtliche ermöglicht.
In 52 Prozent der Angebote stecken Eigenmittel des Trägers. Werden eingeworbene diözesane Mittel (28 Prozent) und Drittmittel (18 Prozent) dazuaddiert, (Summe 98 Prozent), dann werden zur Refinanzierung von nahezu jedem Angebot Eigenmittel des Trägers eingesetzt. Häufig kommen auch kommunale Mittel zum Einsatz (46 Prozent). Seltener erfolgt eine Finanzierung unter Beteiligung des Landes (20 Prozent) oder des Bundes (zwölf Prozent.) Andererseits decken die in über der Hälfte der Angebote eingesetzten Eigenmittel nur elf Prozent der Gesamtkosten. Besonders erfolgversprechend ist die kommunale Förderung. Damit werden 46 Prozent der Gesamtkosten refinanziert.
Fast alle Befragten sind mit ihren Angeboten Teil des kommunalen Netzwerks Frühe Hilfen (93 Prozent) und mit der Zusammenarbeit entweder "sehr" (23 Prozent) oder "eher" (48 Prozent) zufrieden
Verschiedene Töpfe tragen zur Finanzierung bei
Anhand von acht ausgewählten, (relativ) abgesicherten Praxisbeispielen lassen sich Faktoren für eine gelungene Finanzierung identifizieren. Diese Angebote durchliefen zunächst verschiedene Stufen der Förderung, vor allem über Spenden, Stiftungs- sowie Projektmittel und sind mittlerweile überwiegend durch kommunale Förderung (Regelfinanzierung oder freiwillige Leistungen) gut etabliert. Zum Teil fließen auch Mittel aus der Bundesstiftung Frühe Hilfen sowie Eigenmittel ein.
Als Erfolgsfaktoren erwiesen sich eine Projektteilnahme in der Einstiegsphase, kontinuierliche Überzeugungsarbeit vor allem gegenüber potenziellen Geldgebern durch hohe Qualität und Bekanntmachung der Angebote, gute lokale Vernetzung und Lobbyarbeit, viel Geduld hinsichtlich des Ertragens von Durststrecken wegen finanzieller Engpässe, die Akzeptanz von finanziellen Mischfinanzierungen und der Einsatz von Eigenmitteln. Gelegentlich kam auch eine Portion Glück hinzu, zum Beispiel wenn es darum ging, einen guten Zeitpunkt für die Etablierung eines neuen Angebots beziehungsweise für seine Verstetigung zu erkennen und zu nutzen.
Um Ansatzpunkte für die Entwicklung zukünftiger Finanzierungs- und Verstetigungsstrategien für die verschiedenen verbandlichen Ebenen zu identifizieren, tauschten sich circa 70 Geschäftsführer(innen) und Leitungskräfte der Ortsebene beider Verbände aus. Die Ideen, Forderungen und ersten konkreten Handlungsschritte konzentrierten sich im Wesentlichen auf vier Bereiche: Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit verbessern, Qualitätsaspekte hervorheben sowie die Kooperation mit anderen Anbietern Früher Hilfen und sonstigen Bündnispartnern intensivieren. Einigkeit bestand unter den Teilnehmenden, dass bislang zu wenig Mittel aus der Bundesstiftung Frühe Hilfen in den Angeboten von Caritas und SkF ankommen. Entsprechend wurde gefordert, diese Mittel aufzustocken, um auch die Angebote Früher Hilfen wie bereits die auf Dauer etablierten Netzwerke zu verstetigen.2 Ohne praktische Angebote machen diese Netzwerke wenig Sinn.
Am stärksten belastete Familien sind oft unterversorgt
Frühe Hilfen erreichen Familien, die Hilfe am dringendsten benötigen, oft besonders schwer. Deshalb bleiben vor allem stärker belastete und ressourcenschwache Familien eher unterversorgt. Hier zeigt sich ein Präventionsdilemma.3 Die große Herausforderung für die Frühen Hilfen besteht darin, auch diese Familien mit passenden Angeboten zu erreichen. Wie Praktiker(innen) berichten und die Online-Erhebung bestätigt, gelingt dies Caritas und SkF tendenziell gut. Mit ihren aufsuchenden, niedrigschwelligen sowie gut vernetzten Hilfen wie etwa Lotsendiensten, Patenschaftsmodellen, Familienhebammen oder videogestützter Beratung können sie das Präventionsdilemma häufig durchbrechen. Frühe Hilfen sind aus dem Unterstützungs- und Präventionsspektrum für werdende und "junge" Familien nicht mehr wegzudenken. Sie sind notwendig, werden genutzt und über alle Trägergrenzen hinweg anerkannt.
Anmerkungen
1. Eine ausführliche Dokumentation des Austauschforums, der Ergebnisse der Bestandsaufnahme und der Präsentationen findet sich unter: www.skf-zentrale.de/93852.html
2. Die Bundesstiftung Frühe Hilfen existiert seit 1. Januar 2018. Sie sichert mit jährlich 51 Millionen Euro die bundesweite Umsetzung der Frühen Hilfen. Sie fördert die Etablierung von Netzwerken Früher Hilfen und die psychosoziale Unterstützung von Familien im Bereich Früher Hilfen im gesamten Bundesgebiet.
3. Vortrag von Mechthild Paul, Leiterin des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen (NZFH): "Belastungslagen ,junger‘ Familien und geeignete Angebote Früher Hilfen" (s. Dokumentation Austauschforum). In ihrem Vortrag stellte sie die Prävalenz- und Versorgungsstudie (KID 0-3) des NZFH vor, die genaue Aussagen zu den Zielgruppen Früher Hilfen, ihrer Prävalenz und ihren spezifischen Belastungen sowie ihrer jeweiligen Inanspruchnahme von Unterstützungsangeboten ermöglicht (Details der Studie unter: www.fruehehilfen.de/forschung-im-nzfh/praevalenz-und-versorgungsforschung).
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