München bietet Langzeitarbeitslosen mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt
Alle Daten, die in München zur wirtschaftlichen Performance der Stadt veröffentlicht werden, scheinen nur eine Botschaft zu verkünden: Die ökonomische Lage ist exzellent. Der Wirtschaftsraum ist durch eine dynamische Expansion gekennzeichnet, die Stadt wächst, die Beschäftigung steigt, der Arbeitsmarkt ist in hohem Maße aufnahmefähig. Der Abbau von Arbeitslosigkeit auch im Rechtskreis des SGB II wurde dadurch befördert. Die Zahl der Arbeitslosen, die Leistungen aus dem SGB II beziehen, lag im Februar 2019 mit 15.127 um 14,3 Prozent unter der des Vorjahres. Auch die Zahl der Langzeitarbeitslosen mit Leistungen aus dem SGB II hat sich mit 6233 weiterhin deutlich unter Vorjahresniveau entwickelt (minus 18,7 Prozent), macht aber immer noch 41 Prozent der Arbeitslosen im SGB-II-Leistungsbezug aus. Trotz der erfreulichen Entwicklung beim Abbau der Armut in den vergangenen Jahren bleibt ein großer Personenkreis an erwerbsfähigen Leistungsberechtigten bestehen, bei denen sich Phasen der Hilfebedürftigkeit mit Phasen der kurzfristigen Überwindung der Hilfebedürftigkeit abwechseln. Auch zukünftig wird es eine beachtlich große Gruppe geben, die relativ schnell wieder in den Leistungsbezug zurückkehrt und intensivere Unterstützung auf dem Weg in den Arbeitsmarkt braucht.
Arbeitsmarktpolitik in München hat eine lange Tradition
Alle arbeitsmarktpolitischen Instrumente der Stadt sind gebündelt im Münchner Beschäftigungs- und Qualifizierungsprogramm (MBQ). Arbeitsmarktpolitik als kommunale Aufgabe hat in München bereits eine lange Tradition. Schon Mitte der 80er-Jahre gelang es, eine starke Infrastruktur für soziale Projekte aufzubauen. Engagierte Akteure aus der Zivilgesellschaft, unterstützt von Verbänden aus der Wohlfahrtspflege, fanden im Zusammenschluss mit der lokalen Politik einen Weg, Langzeitarbeitslosen die bestmögliche Brücke in den ersten Arbeitsmarkt zu bauen. Hohe Arbeitslosenzahlen und die sich ausbreitende Erkenntnis, dass das Aufeinandertreffen arbeitsmarktungünstiger Faktoren, wie zum Beispiel ein fehlender Berufsabschluss, gesundheitliche Beeinträchtigungen, ein höheres Lebensalter oder Migrationshintergrund einer zügigen Eingliederung in den Arbeitsmarkt hinderlich waren, machten deutlich, dass besondere und intensivere Unterstützungs- und Hilfsangebote, auch der Kommune, vonnöten sind. Eigens aufgebaute betriebliche Strukturen schienen das prädestinierte Lern- und Erfahrungsfeld für die Zielgruppen. Dieses war die Geburtsstunde der Sozialen Betriebe in München, die aktuell 32 zählen und für jährlich rund 2000 Personen Beschäftigungsgelegenheiten in den unterschiedlichsten Gewerken und Dienstleistungen vorhalten. Die Trägerlandschaft wurde dezentral aufgebaut, die Finanzierung der Sachleistungen inklusive Stammpersonal brachte die Stadt auf. Die Teilnehmer(innen) wurden über die wechselnden Instrumente der staatlichen Arbeitsförderpolitik finanziert.
Nachteilig dabei war, dass damit auch die Abhängigkeit von der durchaus volatilen Arbeitsmarktpolitik des Bundes einherging, die immer wieder große Unsicherheiten auslöste. Denn die Instrumente und die sie begleitenden Programme haben sich im Laufe der vergangenen Jahrzehnte mehrfach geändert. Gesetzliche Instrumente wurden entwickelt und zum Teil genauso schnell wieder vom Markt genommen. Im Gegensatz zur Bundesregierung hat die Stadt von Kürzungen im Bereich der Arbeitsmarktpolitik abgesehen und ihre Förderleistungen im Rahmen des kommunal finanzierten Beschäftigungs- und Qualifizierungsprogramms nicht nur aufrechterhalten, sondern stetig ausgebaut. Reformen sollten nicht zulasten von sozial besonders Benachteiligten gehen.
Stadt setzt auf flexiblere, am Bedarf orientierte Förderung
Die Stadt verstärkte ihre Anstrengungen in Bezug auf die Integration von Langzeitarbeitslosen. So wurde im Jahr 2007 federführend von dem für Arbeitsmarktpolitik zuständigen Referat für Arbeit und Wirtschaft ein neuer Programmschwerpunkt für SGB-II-Empfänger(innen) im Jobcenter aufgebaut, das Verbundprojekt Perspektive Arbeit (VPA), ein Qualifizierungsverbund. Die Projekte des VPA sind in besonderer Weise für langzeitarbeitslose Menschen mit erhöhtem Förderbedarf konzipiert und eingerichtet: durch eine flexible, am tatsächlichen Bedarf der Person orientierte Maßnahmendauer und eine unter Umständen intensivere soziale Betreuung. "Human First" ist die Leitidee, die diesem kommunalen Arbeitsmarktprogramm zugrunde liegt. Mit dem VPA werden jedes Jahr über 3000 Menschen mit multiplen Vermittlungshemmnissen erreicht, betreut und qualifiziert. Über 30 Prozent der teilnehmenden Personen in den Qualifizierungsprojekten sind im Anschluss sozialversichert beschäftigt, ein aus fachlicher Sicht äußerst zufriedenstellendes Ergebnis.
Mit dem kommunalen dritten Arbeitsmarkt, beschlossen durch den Stadtrat im Jahr 2015, mit seinen zwei Förderbausteinen sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und soziale Hilfestellen wurde eine weitere Variante zugunsten einer integrativen, längerfristigen Lösung für Langzeitarbeitslose in München geschaffen.
Das Teilhabechancengesetz - neue Chancen für Langzeitarbeitslose
Dank der hervorragend ausgebauten Infrastruktur in München kann sehr schnell und verlässlich auf neue Regelungen und Veränderungen im Kontext der bundesweiten Arbeitsmarktpolitik reagiert werden. In diesem Zusammenhang ist auf das Teilhabechancengesetz - 10. SGB II-ÄndG hinzuweisen, das zum 1. Januar 2019 in Kraft getreten ist. Mit diesem Gesetz werden neue Teilhabechancen für Langzeitarbeitslose auf dem allgemeinen und dem sozialen Arbeitsmarkt als Regelinstrumentarium beziehungsweise -leistung im SGB II geschaffen, ein auch aus Sicht der Kommune begrüßenswerter und überfälliger Schritt und echter Zugewinn für die öffentlich geförderte Beschäftigungspolitik. Nach aktuellem Stand geht das Jobcenter München von einem Gesamtpotenzial von circa 5000 Bewerber(inne)n aus, die unter das Teilhabechancengesetz fallen. Darunter befinden sich rund 3500 Menschen, die seit mehr als sechs Jahren im Langzeitleistungsbezug sind und damit die formellen Voraussetzungen für eine Förderung nach §16 i SGB II (Teilhabe am Arbeitsmarkt) erfüllen. Das Jobcenter München plant bis Ende 2019 rund 250 Förderungen nach §16 e SGB II (Eingliederung von Langzeitarbeitslosen) und 300 Förderungen nach §16 i SGB II. Die Bundesregierung setzt bezogen auf die Zielgruppe, bei der es sich laut Bundesagentur für Arbeit um sehr arbeitsmarktferne erwerbsfähige Leistungsberechtigte handelt, die bisher noch nicht integriert werden konnten, relativ hohe Erwartungen an deren Produktivitätsentwicklung.
Arbeitgeber finden sich vor allem im Gemeinwohl-Bereich
Es bleibt abzuwarten, inwieweit sich diese Erwartungen erfüllen. Die Stadt München ist diesbezüglich aufgrund einschlägiger Erfahrungen mit arbeitsmarktpolitischen Vorläuferprogrammen eher skeptisch, auch was die Gewinnung einer größeren Zahl von Arbeitgebern
auf dem ersten Arbeitsmarkt in München anbelangt. Die Stadt geht vielmehr davon aus, dass die § 16 i SGB-II-Teilnehmenden überwiegend bei öffentlichen und gemeinwohlorientierten Arbeitgebern eingesetzt werden können. Bis zu zweihundert §16 i SGB-II-Förderungen in den Sozialen Betrieben der MBQ sind mittelfristig vorstellbar. Diese sollen, wie mit dem Jobcenter München abgestimmt, zu den bereits bestehenden und mit anderen Förderinstrumenten hinterlegten Zielgruppen-Plätzen hinzukommen und damit einen auch quantitativen Zugewinn für den kommunal geförderten zweiten Arbeitsmarkt in München darstellen.
Mit dem Münchner Beschäftigungs- und Qualifizierungsprogramm existiert zusätzlich zu den Integrationsleistungen des Jobcenters ein alternatives, sowohl qualitativ als auch quantitativ anspruchsvolles städtisches Integrationsangebot für Langzeitarbeitslose, für das die Stadt München jährlich rund 18 Millionen Euro zur Verfügung stellt.
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