Nicht jeder hat die Chance auf Beschäftigung
Seit dem 1. Januar 2019 ist das Teilhabechancengesetz mit einem reformierten § 16 e SGB II und dem neuen §16 i SGB II in Kraft getreten. Das Gesetz verfolgt das Ziel, die Chancen auf eine Integration am Arbeitsmarkt von Menschen zu verbessern, die sehr lange arbeitslos sind, Leistungen nach dem SGB II beziehen und ohne Unterstützung keine realistische Perspektive auf dem ersten Arbeitsmarkt haben.
Besonders zu begrüßen ist, dass der neue §16 i SGB II ein Regelinstrument ist und kein erneutes Programm für Langzeitarbeitslose. Er ermöglicht eine Förderung bis zu fünf Jahren. Auch wenn das neue Gesetz für viele die Chance auf Integration in den Arbeitsmarkt erhöht, muss jedoch auch festgestellt werden, dass einige Langzeitarbeitslose die Voraussetzungen zur Teilnahme nicht erfüllen. Dies betrifft auch Teilnehmende aus den beiden Beschäftigungshilfeprojekten des SKM Köln. Der SKM Köln unterhält mit dem gemeinnützigen Tochterunternehmen "De Flo" und den "Kölner Fegern" zwei Beschäftigungshilfeprojekte für Menschen, die aufgrund ihrer schwerwiegenden individuellen Problemlagen nur schwer - oder auch gar nicht - in den regulären Arbeitsmarkt zu integrieren sind.
"De Flo" beschäftigt ausschließlich Personen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten im Sinne des § 67 SGB XII. Zur Zielgruppe der "Feger" gehören ausschließlich Drogenabhängige im Methadonprogramm. Die Hilfebedürftigkeit wird für alle durch ein spezielles Prüfverfahren vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) festgestellt. Im Rahmen seiner Zuständigkeit für die Hilfen nach § 67 SGB XII beteiligt sich der LVR an der Finanzierung der "Sozialpädagogischen Arbeits- und Beschäftigungsbetriebe", indem er sich an den Kosten der sozialpädagogischen Begleitung der Maßnahmeteilnehmer beteiligt.
In den ersten Jahren übernimmt das Jobcenter die Personalkosten
In Abstimmung mit dem Jobcenter Köln bietet "De Flo" Arbeit- und Beschäftigungsmöglichkeiten gemäß den §§ 16 d, 16 e (alt) und 16?i (neu) SGB II an. Die Beschäftigung erfolgt in den Gewerken Transporte, Gebrauchtwarenlager, Holzwerkstatt, Wohnumfeldverbesserung/Gärtnerei und Renovierung/Hausmeisterservice. In der Regel starten diejenigen, die an der Maßnahme teilnehmen, mit einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung. Im Einzelfall kann diese Maßnahme bis zu drei Jahre genutzt werden. Sofern die erforderliche Leistungsfähigkeit beziehungsweise Produktivität vorliegt und auch alle anderen Fördervorvoraussetzungen gegeben sind, kann ein Wechsel in das sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis nach §?16 i SGB II erfolgen. In den ersten beiden Jahren übernimmt das Jobcenter die Personalkosten zu einhundert Prozent. Ab dem dritten Jahr erfolgt eine Absenkung auf neunzig Prozent, im vierten Jahr auf achtzig und im fünften Jahr auf siebzig Prozent. Die Teilnehmenden müssen über eine entsprechende Leistungsfähigkeit verfügen und mindestens die Förderlücken über Einnahmen am Markt erwirtschaften.
Die "Kölner Feger" können nur im Rahmen von § 16 d SGB II beschäftigt werden. Ihre Leistungsfähigkeit ist in den meisten Fällen zu niedrig, um in den 16 i SGB II wechseln zu können. Außerdem erwirtschaften die "Feger" zurzeit keine Einnahmen.
Das neue Regelinstrument 16 i SGB II ist nicht für alle langzeitarbeitslosen Personen geeignet. Es setzt eine mit den Jahren ansteigende Leistungsfähigkeit voraus, die nicht bei allen gegeben ist. Für einige der Teilnehmenden ist das langfristige Halten auf einem vergleichbar niedrigen Niveau notwendig. Die Arbeitsgelegenheiten nach §16?d SGB?II können nach dem dritten Jahr jedoch nicht weiter verlängert werden. Um zu verhindern, dass dieser Personenkreis ohne Perspektiven auf weitere geförderte Beschäftigung am Ende der Maßnahme in ein tiefes Loch fällt und erreichte persönliche Stabilität, Tagesstruktur sowie soziale Kontakte verliert, muss ein Weg gefunden werden, der diese Förderlücke schließt. Hier sind Kreativität und Flexibilität der Leistungsträger gefordert.
Ein solcher Weg wurde durch das sogenannte "Aachener Modell" gefunden. Hier haben der LVR und das Jobcenter in der Städteregion Aachen eine gemeinsame Weiterentwicklung der Leistungen nach § 16 SGB II und § 67 SGB XII vereinbart. Vor dem Hintergrund der Erkenntnis, dass die vielfältigen Vermittlungshemmnisse in den allgemeinen Arbeitsmarkt auch auf besondere soziale Schwierigkeiten im Sinne des § 67 SGB XII zurückzuführen sind, finanziert das Jobcenter eine Aufwandspauschale für die Inanspruchnahme tagesstrukturierender Angebote bei einem Beschäftigungsträger im Rahmen der freien Förderung (§16 f SGB II). Der LVR gewährt bei entsprechendem Unterstützungsbedarf zusätzliche ambulante Leistungen zum selbstständigen Wohnen gemäß § 67 SGB XII.
Es gibt schon Lösungen
So wird in vorbildlicher Weise die Förderlücke vermieden, Beschäftigungsfähigkeit erhalten, soziale Teilhabe gefördert und eine nachhaltige Reduzierung beziehungsweise Überwindung der besonderen sozialen Schwierigkeiten angestrebt. Zwischenzeitlich hat auch das Jobcenter Düsseldorf auf der Basis des "Aachener Modells" eine Vereinbarung mit dem LVR getroffen. Der LVR möchte auch mit dem Kölner Jobcenter eine Vereinbarung schließen. Bis Redaktionsschluss lag jedoch kein abschließendes Ergebnis vor.
Grundsätzlich ist der Ansatz des Teilhabechancengesetzes positiv für die Arbeitsmarktintegration zu werten. Kritisch ist allerdings, dass es durch seine ausschließliche Orientierung auf
die Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt keine Lösung beziehungsweise Perspektive bietet für die Gruppe der Langzeitarbeitslosen, die aus formalen oder leistungsbedingten Gründen diese Förderung nicht nutzen können. Hier sind die ergänzenden Hilfen, die § 67 SGB XII
vorsieht, ein guter Ansatz, die Lücke zu schließen. Diese Verknüpfungsmöglichkeit sollten bundesweit stärker in den Blick genommen und genutzt werden.
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