Pensionskasse kürzt ihre Leistungen
Die Ausgangslage stellt sich folgendermaßen dar: Nach Anlage 8 zu den Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) haben Mitarbeitende einen Anspruch auf betriebliche Altersversorgung in Form einer Zusatzversicherung. Gemäß der Versorgungsordnung B der Anlage 8 zu den AVR führt die Pensionskasse der Caritas VVaG (früher bekannt unter dem Begriff "SELBSTHILFE") seit 1966 die arbeitgeberfinanzierte Zusatzversorgung für diejenigen Dienstgeber durch, die nicht Mitglieder beziehungsweise Beteiligte einer öffentlich-rechtlichen oder kirchlichen Zusatzversorgungskasse sind. Hierzu werden vom Dienstgeber die anspruchsberechtigten Mitarbeiter bei der Pensionskasse der Caritas versichert. Dies sind bei rund 550 aktuellen und ehemaligen Dienstgebern circa 25.000 Versicherte.
Angesichts der anhaltenden Niedrigzinsphase mit sinkenden Kapitalerträgen und fallenden Rechnungszinsen sowie einer steigenden Lebenserwartung bewegen sich die insgesamt 136 deutschen Pensionskassen in einem für sie wirtschaftlich schwierigen Umfeld. So konnte die Pensionskasse der Caritas die Kapitalanforderungen des Versicherungsaufsichtsgesetzes im vorläufigen Jahresabschluss 2017 nicht mehr erfüllen. Infolge der wirtschaftlichen Schieflage hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) als zuständige Aufsichtsbehörde der Pensionskasse der Caritas mit Wirkung ab dem 26. Oktober 2018 verboten, neue Verträge abzuschließen, bestehende zu erhöhen und weitere Personen aufzunehmen. Damit ist deren Neugeschäft zum Erliegen gekommen (S. hierzu auch neue caritas Heft 6/2019, S. 22: "Bangen um Rentenzahlungen der Pensionskasse").
Um die Unterdeckung der Pensionskasse zu beseitigen, beschloss die Vertreterversammlung am 15. Mai 2019 ein vom Vorstand der Pensionskasse entwickeltes Sanierungskonzept, welches unter anderem Leistungskürzungen der Pensionskasse in einem Gesamtvolumen von 123 Millionen Euro (das heißt rund 20 Prozent der Gesamtdeckungsrückstellung) beinhaltet.1 Dies betrifft alle Tarife der Pensionskasse der Caritas.
Im Regelfall greift die Subsidiärhaftung der Dienstgeber
Durch diesen Kürzungsbeschluss erhalten die Versicherten, die sich bereits im Ruhestand befinden, ab dem 1. Januar 2020 geringere Renten von der Pensionskasse der Caritas ausgezahlt. Bei Anwärtern werden ihre Anwartschaften auf zukünftige Rentenzahlungen vermindert. Die Kürzung kann für den einzelnen Versicherten in Abhängigkeit vom Lebensalter und von weiteren Faktoren jedoch unterschiedlich ausfallen. Die individuelle Kürzung wird von der Pensionskasse der Caritas derzeit berechnet und den Versicherten nach Informationen der Pensionskasse voraussichtlich im Juli 2019 per Informationsschreiben mitgeteilt.
Anders als bei Pensionskassen in der Rechtsform der Aktiengesellschaft mit dem Sicherungsfonds "Protektor" oder öffentlich-rechtlichen beziehungsweise kirchlichen Zusatzversorgungskassen mit der Gewährträgerschaft einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gibt es bei Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit zumindest derzeit noch keine vergleichbaren Sicherungssysteme.
Soweit die Altersversorgung aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses (betriebliche Altersversorgung) zugesagt wurde, greift im Regelfall die Subsidiärhaftung der Dienstgeber nach § 1 Abs. 1 Satz 3 Betriebsrentengesetz (BetrAVG). Das heißt, dass die Dienstgeber für die Erfüllung der ursprünglichen beitragsorientierten Leistungszusagen einzustehen haben. Dies könnte allerdings im Einzelfall problematisch sein, falls der ursprüngliche Dienstgeber nicht mehr besteht.
Unmittelbare Verpflichtung der Dienstgeber
Sobald sich durch den Kürzungsbeschluss ein direkter Anspruch der Leistungsempfänger gemäß Betriebsrentengesetz gegenüber den Dienstgebern konkretisiert, sind in deren handelsrechtlichen Jahresabschlüssen verpflichtend Pensionsrückstellungen gemäß § 253 des Handelsgesetzbuches nach versicherungsmathematischen Grundsätzen für die Ansprüche der Mitarbeitenden zu bilden. Grundlage der Bewertung dieser Pflichtrückstellung sind die Differenzen zwischen den nach Kürzung neu festgesetzten Leistungen der Pensionskasse der Caritas und den ursprünglich vom Dienstgeber zugesagten Leistungen. Die Pflicht zur Rückstellungsbildung ist dabei unabhängig davon,
ob vom Mitarbeitenden bereits eine Geltendmachung der Ansprüche erfolgt ist, denn es muss mit einer Inanspruchnahme gerechnet werden.
Da sich die Subsidiärhaftung im Mai 2019 durch den Beschluss des Sanierungskonzeptes durch die Vertreterversammlung konkretisiert hat, haben Dienstgeber die nun unmittelbare Rückstellungsverpflichtung erstmals in ihrem handelsrechtlichen Jahresabschluss 2019 zu berücksichtigen. Bevor das Sanierungskonzept beschlossen wurde, handelte es sich für die Dienstgeber um mittelbare Pensionsverpflichtungen, für die nach Art. 28 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch ein Passivierungswahlrecht (d.h. ein Wahlrecht zur Rückstellungsbildung) besteht. Für die Ermittlung der Höhe der Verpflichtung dürfte im Regelfall ein versicherungsmathematisches Gutachten erforderlich sein, das rechtzeitig vom Dienstgeber zu beauftragen ist.
Sofern sich in Zukunft eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Pensionskasse der Caritas ergibt, wirkt sich diese erst mit einer Anpassung der Kürzungsbeschlüsse durch die Vertreterversammlung rückstellungsmindernd für die Dienstgeber aus.
Der Eintritt der Subsidiärhaftung und die daraus resultierende Verpflichtung der Dienstgeber kann in einzelnen Fällen zu deren Überschuldung und zu insolvenzrechtlichen Fragestellungen führen. Dies stellt gerade kleinere Organisationen ohne entsprechendes Rechnungswesen vor besondere Herausforderungen.
Ordensgemeinschaften können betroffen sein
Ordensgemeinschaften können von dem Kürzungsbeschluss zum einen als Dienstgeber betroffen sein und aus der Subsidiärhaftung für die eigenen Mitarbeitenden in Anspruch genommen werden. Zum anderen sind bei der Pensionskasse der Caritas nach Informationen der Pensionskasse auch rund 1300 Mitglieder von Ordensgemeinschaften, die gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI von der Rentenversicherungspflicht befreit sind, für ihre eigene Altersversorgung versichert. Dies entspräche 6,5 Prozent der rund 20.000 Ordensmitglieder in Deutschland.
Da die Ordensgemeinschaften verpflichtet sind, ihre Mitglieder im Alter zu versorgen, ist von den Ordensgemeinschaften zu prüfen, ob auch nach den Leistungskürzungen seitens der Pensionskasse der Caritas die Altersversorgung durch zusätzliches Vermögen der Ordensgemeinschaft gedeckt ist. Sofern dies nicht der Fall ist, sind vonseiten der Ordensgemeinschaft im Fall der Mitgliedschaft im Solidarwerk der katholischen Orden Deutschlands e.V. wesentliche Vermögensänderungen nach dessen Richtlinien anzuzeigen und Maßnahmen zur Sicherung der Altersversorgung zu ergreifen.
Fazit
Das am 15. Mai 2019 von der Vertreterversammlung beschlossene Sanierungskonzept der Pensionskasse der Caritas hat für die Versicherten Leistungskürzungen in einem Gesamtvolumen von 123 Millionen Euro zur Folge. Für die Leistungskürzungen - soweit es sich um eine betriebliche Altersversorgung handelt - haben die Dienstgeber der Versicherten im Rahmen ihrer Subsidiärhaftung einzustehen und die daraus resultierende Verpflichtung in ihrem Jahresabschluss beziehungsweise ihrer Jahresrechnung abzubilden. Dies kann in einzelnen Fällen zu einer Überschuldung des Dienstgebers führen. Weitergehende Informationen zu insolvenzrechtlichen Fragestellungen bei Vereinen und Stiftungen sind in einem grundlegenden Merkblatt zusammengefasst, das ergänzend auf der Internetseite der Solidaris (www.solidaris.de) abrufbar ist.
Anmerkungen
1. Siehe Pressemitteilung der Pensionskasse vom 17. Mai 2019 unter: https://bit.ly/2Ea0UoD
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