Gemeinsam unterwegs in Kelsterbach
Das Caritaszentrum in Kelsterbach ist eigentlich kein Zentrum, sondern ein Netzwerk, sagt Jessica Ranitzsch, wenn sie die Arbeit der Caritas in Kelsterbach vorstellt. Anschaulich wird die Netzwerkarbeit, wenn die Caritas-Bereichsleiterin ein Wimmelbild-Poster entrollt. Es zeigt eine Art Caritas-Lageplan von Kelsterbach. Unter dem Motto "Beratung, Begegnung, Betreuung" markieren Figuren die wichtigsten Caritas-Standorte und Tätigkeitsfelder in der Stadt: Schulkindbetreuung, Betriebsführung von Kindertagesstätten, Caritaszentrum mit Beratungsdiensten, Mehrgenerationenhaus und Familienzentrum, Flüchtlingsbegleitung und Streetwork. "Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht", erklärt Ranitzsch: "Da wir über wenig eigene Räume verfügen, nutzen wir Räumlichkeiten überall im Ort. Das macht uns flexibel und hat den Vorteil: Wir sind da unterwegs, wo die Menschen sind. Dabei spielt die Arbeit unserer ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine wichtige Rolle." Im Netzwerk übernehmen sie wichtige Mittlerfunktionen zwischen Pfarrgemeinden und Caritas, zwischen Kindergärten oder anderen sozialen Einrichtungen und den Bewohnern in der Nachbarschaft. Stellvertretend für viele andere sollen hier drei Ehrenamtliche vorgestellt werden. Ihnen gemeinsam ist, dass sie etwas voranbringen möchten, dass sie sich mit kreativen Ideen, großer Begeisterung und Tatkraft für ein gutes Miteinander in Kelsterbach einsetzen.
Ingrid Ellermann engagiert sich bereits seit der Erstkommunion ihres Sohnes in der Gemeinde. "Mir ging es zu dieser Zeit extrem gut, ich wollte etwas zurückgeben", erinnert sich die heute Zweiundsechzigjährige. "Ich wollte damals etwas geben, das mir nicht leicht fällt. Zeit war für mich immer knapp, sagt die gelernte Hotelfachfrau, die über Jahre hinweg ein Hotel leitete. "Ich wollte deshalb meine Zeit zur Verfügung stellen." Über ihre Tätigkeit im Pfarrgemeinderat und im "Arbeitskreis Soziales" kam der Kontakt zur Caritas zustande. Heute ist Ingrid Ellermann in der Gemeinde Ansprechpartnerin für die Caritas und für die Kindergärten. Es freut sie, wenn sie ihre gastronomischen Erfahrungen insbesondere bei Veranstaltungen oder bei der Tafel in Kelsterbach einbringen kann. Viel Freude gemacht hat ihr beispielsweise die Beteiligung am Hessentag 2017 in Rüsselsheim, auf dem die Caritas ein Begegnungscafé organisierte: "Ich war im Planungsausschuss, habe interessante Menschen kennengelernt, Einblick in andere Arbeitsbereiche der Caritas bekommen. Der Hessentag selber war grandios; die Atmosphäre im Café war schön, friedvoll und freundlich." Was wünscht sich Ingrid Ellermann für die Zukunft? "Dass ich Menschen finde, die ich für meine Arbeit im Ehrenamt begeistern kann. Denn die nächste Generation ist am Zug. Die jungen Leute sollen ihre Ideen einbringen und umsetzten." Ingrid Ellermann möchte auch weiterhin "im Hintergrund stützen, aber nicht vorne im Weg stehen", wie sie sagt.
Nicole Schleich gehört zu dieser jüngeren Generation Engagierter. Die 34-jährige Altenpflegerin ist nach Kelsterbach zugezogen. Sie arbeitet vor allem in Projekten für junge Familien im Rahmen des Caritas-Familienzentrums. "Weil es eine sinnvolle Arbeit ist, mit jungen Eltern, Kinder und Jugendlichen zu arbeiten", findet sie. "Es macht mir viel Freude und es ist schön, gebraucht zu werden." Wenn sie Eltern-Kind-Spieleangebote betreut, ist immer auch Zeit, um mit den jungen Müttern oder Vätern ins Gespräch zu kommen. "Eltern tut es gut, zu sehen, dass andere Eltern bestimmte Situationen auch schon erlebt haben", beobachtet Nicole Schleich, die selber einen zweijährigen Sohn hat. "Oft kommen auch ernste Themen auf, manche Eltern sind überfordert." Dann kann die Ehrenamtliche auf Caritas-Beratungs- angebote aufmerksam machen. Zuletzt unterstützte Nicole Schleich auch die Streetworkerin in der Arbeit mit den Teenies. Sie möchte den Jugendlichen das Gefühl vermitteln, akzeptiert zu werden, dazuzugehören, willkommen zu sein. "Egal, in welchem Straßenzug man wohnt; jeder Mensch hat die gleiche Chance verdient, nicht ausgegrenzt zu werden. Integration ist wichtig", sagt sie.
Für Christine Breser bedeutet Caritas "Not sehen und handeln". Dabei steht für sie "das Handeln" im Vordergrund: "Mir geht es darum, über Notsituationen nicht nur zu sprechen, Herausforderungen nicht nur zu diskutieren, sondern etwas zu tun. Ich möchte da aktiv sein, wo ich etwas bewirken kann, selbst wenn es nur im Kleinen ist", sagt sie. Die Ehrenamtliche engagiert sich deshalb sowohl im "Arbeitskreis Soziales" als auch im Verwaltungsrat der Kirchengemeinde und in der Vertreterversammlung des Caritasverbandes Offenbach/Main e.V. Besonders gerne erinnert sie sich an ein erstes Begegnungstreffen zwischen alteingesessenen Kelsterbachern und geflüchteten Menschen, das sie gemeinsam mit anderen auf die Beine gestellt hat. "Es war ein Spielenachmittag, nichts Aufregendes. Aber "Mensch- ärgere-Dich-nicht" oder Würfelspiele führen zu Entspannung, Spaß und fröhlicher Gemeinschaft - ohne viele Worte", erzählt sie. Wichtig ist für Christine Breser, dass die übernommenen Aufgaben immer auch Spaß machen. In Routine zu verfallen ist ihre Sache nicht. Neue Herausforderungen nimmt sie sportlich: "Wir schauen im Arbeitskreis bewusst über den Tellerrand und halten Augen und Ohren für neue Aufgaben und Ideen offen."
Text: Sabine Schilha