Caritas-Familiencafé hilft bei der Integration
Mohemmed Nour Ahmed sitzt im Pfarrheim von St. Mariä Empfängnis im Mönchengladbacher Stadtteil Lürrip und konzentriert sich auf das Schachbrett vor ihm. Er spielt mit Martina Schneiders, Familienpflegerin des Caritasverbandes Region Mönchengladbach. Ende 2015 flüchtete der 45 Jahre alte Syrer mit seiner Frau und seinen vier und fünf Jahre alten Söhnen nach Deutschland. Seine sieben Monate alte Tochter ist am Niederrhein geboren.
Seit einiger Zeit besucht er regelmäßig das Familiencafé des Caritasverbandes, das jeden Mittwochnachmittag geöffnet ist. Seine beiden Jungs hat der Syrer mitgebracht. Sie spielen gerade in einem anderen Raum des Pfarrheims, wo Erzieher der "rollenden Kita" Mogli während des Familiencafés die Kinder betreuen. Mogli steht für "Mobil gemeinsam lernen international". Das Projekt will Flüchtlingskinder im Kita-Alter fördern. Normalerweise sind die Mitarbeiter in städtischen Sammelunterkünften unterwegs.
In einer dieser Unterkünfte, am Fleenerweg in Lürrip, hatte der Caritasverband ab Mitte 2016 sein Familiencafé angeboten. Ein dreiviertel Jahr später zog es in das Pfarrheim von St. Mariä Empfängnis. Den Kontakt vermittelte Notburga Pütz, die ehrenamtlich im Familiencafé mitarbeitet und dem Kirchenvorstand angehört. Walburga Iseken, Gemeindesozialarbeiterin und Leiterin der Familienpflege des Caritasverbandes, erläutert die Idee dahinter: "Viele geflüchtete Menschen haben inzwischen die Sammelunterkunft verlassen und leben in eigenen Wohnungen. Wir möchten mit dem Familiencafé dazu beitragen, dass sie in den Stadtteil integriert werden, indem wir Kennenlernen und Begegnung ermöglichen." Eingeladen sind Flüchtlinge ebenso wie Deutsche und Migranten, die schon länger in Deutschland sind. Die Gesprächsthemen reichen von Behördenangelegenheiten bis zur Stromrechnung, von Familienproblemen bis zur Hilfe für traumatisierte Kinder.
Auch Mohemmed Nour Ahmed lebt mit seiner Frau und den drei Kindern inzwischen in einer Wohnung. Aber er würde gerne umziehen, sagt er. Warum? Der Familienvater zückt sein Smartphone und zeigt Fotos: Nachbarn stellen ständig Müllsäcke vor die Tür. Eine ehrenamtlich engagierte Bürgerin hat deshalb schon einen Brief an den Vermieter geschrieben. Geändert hat sich noch nichts. Nour Ahmed hat in Syrien als Kfz-Mechaniker gearbeitet. Er spricht inzwischen ein wenig Deutsch und will weiter lernen: "Sprache gut - alles gut", sagt er, "dann finde ich auch Arbeit."
Mohammed Abu Kharma beherrscht die Sprache perfekt. Seit 24 Jahren lebt er in Deutschland. Er stammt aus Palästina und hat in Russland Mathematik studiert. Der 48-Jährige arbeitet bei den Maltesern in der Flüchtlingsbetreuung und ist vor einiger Zeit mit seiner Frau, einer Jordanierin, und den drei Söhnen im Alter von 13, zehn und vier Jahren von Düsseldorf nach Mönchengladbach gezogen. Er ist oft im Familiencafé. Seine Jungs können hier mit anderen Kindern spielen, er selbst hilft ehrenamtlich beim Übersetzen.
Mit seiner Unterstützung erfahren Walburga Iseken, Notburga Pütz und Martina Schneiders an diesem Nachmittag mehr über die Geschichte von Nazira Muhmad. Auch sie kommt aus Syrien, hat dort als Grundschullehrerin gearbeitet. Ihr Mann wurde festgenommen und gefoltert, er leidet bis heute psychisch unter den Folgen und wird in einer Klinik in Mönchengladbach behandelt. Seit gut zwei Jahren ist die Familie in Deutschland - bis auf die älteste Tochter (30), die im Libanon festsitzt. "Wir haben nicht das Geld, um sie zu holen", sagt Nazira Muhmad, und für einen Moment verrät ihr Blick, wie traurig sie das macht. Sie selbst wohnt mit ihrem 17 Jahre alten Sohn in einer Drei-Zimmer-Wohnung, zwei weitere Kinder, 29 und 24 Jahre alt, leben in Oberhausen und Dortmund.
Im Sprachkurs hat die 53-Jährige vom Familiencafé des Caritasverbandes erfahren. Heute ist sie zum dritten Mal da. "Ich suche Kontakte und Gesellschaft", erklärt sie. Walburga Iseken weiß, wie wichtig das ist. "Wir wollen und müssen etwas dafür tun, dass es ein Gefühl des Zusammenwachsens gibt, sonst sind Probleme programmiert", sagt sie. Das Familiencafé könne dazu beitragen, dass "Heimat" entstehe, fügt Iseken hinzu - denn: "Heimat ist nicht allein ein Ort, sondern vor allem Gemeinschaft."
Mohemmed Nour Ahmed würde das wohl bestätigen. Um den Hals trägt er einen Schal von Borussia Mönchengladbach. Er zeigt darauf und lächelt: "Meine Mannschaft. Borussia."