Entwicklung des Ehrenamts im Strafvollzug während der Corona-Pandemie
2020 war bestimmt durch die Corona-Pandemie und hat uns in gewisser Weise alle in unserem beruflichen und privaten Leben eingeschränkt und vor Herausforderungen gestellt.
Jedoch haben sich auch neue Möglichkeiten ergeben. Am Beispiel "Ehrenamt im Strafvollzug" möchte ich einen Blick darauf werfen.
Als Sozialarbeiter arbeite ich bei der Caritas in Cottbus und koordiniere die Kontakt- und Servicestelle für Ehrenamtliche im Strafvollzug. Zwischen 25 und 30 Ehrenamtliche sind dort jährlich aktiv und unterstützen die hauptamtlichen Mitarbeiter der Straffälligenhilfe dabei, die Resozialisierung von aktuellen und ehemaligen Inhaftierten zu fördern. In Form von Besuchen, Gruppenangeboten, begleiteten Ausgängen und Briefkontakten werden diese psychosozial unterstützt und auf ihrem meist steinigen Weg zurück in die Gesellschaft professionell begleitet.
Plötzlich stand die Hilfe still
Mit Beginn des ersten Lockdowns im März 2020 stand die Hilfe plötzlich still. Das Projekt findet in der Regionalstelle der Caritas in Cottbus und in den Justizvollzugsanstalten (JVA‘n) Cottbus und Luckau-Duben mit der Außenstelle des offenen Vollzugs in Spremberg statt. Nirgendwo konnten persönliche Kontakte stattfinden. Erst im Sommer waren Besuche und begleitete Ausgänge wieder möglich. Gruppenveranstaltungen sind aus Gründen des Infektionsschutzes bis heute untersagt. Seit dem zweiten Lockdown kommt erneut kein ehrenamtlicher und hauptamtlicher Mitarbeiter in die JVA Cottbus. Auch die wichtigen monatlichen Reflexionskreise der Ehrenamtlichen können seit November nicht mehr stattfinden, um so mögliche Infektionen in den eigenen Reihen zu vermeiden.
Ein ständiges Auf und Ab bestimmte die Arbeit im letzten Jahr. Inhaftierte verloren mit den gestoppten ehrenamtlichen Besuchen teilweise oder komplett wichtige Kontakte in die Außenwelt, gerade wenn keine Kommunikation mehr zu Verwandten oder Freunden besteht. Ehrenamtliche konnten sich nicht mehr persönlich untereinander austauschen. Gruppenveranstaltungen in den JVA’n und Fortbildungsmaßnahmen der Caritas fielen komplett aus.
Gezwungen, neue Wege zu gehen
Wir waren alle dazu gezwungen, aus unserer Komfortzone herauszutreten und neue Wege zu gehen und das ist gut so.
Die JVA’n begannen sich technisch neu aufzustellen und fangen an, als Ersatz für Besuche, Skype-Videoanrufe zu organisieren. Bisher konnte das noch nicht auf ehrenamtliche Begleitungen übertragen werden, wird in Zukunft aber auch dafür genutzt werden.
Ebenfalls wurde Microsoft Teams immer mehr als Kommunikationsplattform bei der Caritas genutzt. Ehrenamtliche, die aufgrund der teilweise weiten Entfernung nach Cottbus nur selten zu den Reflexionskreisen kommen können, haben seitdem viel häufiger die Möglichkeit, sich mit den hauptamtlichen Mitarbeitern der Caritas per Videoanruf auszutauschen. Viele Erstgespräche mit Interessenten am Ehrenamt konnten so schon durchgeführt werden. Das persönliche Kennenlernen konnte natürlich nicht ersetzt werden, aber fand im späteren Einführungskurs statt.
Der Einführungskurs für neue Ehrenamtliche sollte ursprünglich digital stattfinden und war so auch in der Vorbereitung. Die niedrigen Infektionszahlen im Spätsommer erlaubten uns jedoch, die sechs Veranstaltungen mit den jeweiligen externen Referenten (u.a. Leiter der JVA Cottbus, Gefängnisseelsorger der JVA Luckau-Duben und die Therapeutische Fachambulanz der Justiz Cottbus) persönlich vor Ort durchzuführen. Ganz im Gegensatz zu den letzten Jahren war die Teilnehmerzahl mit sechs angehenden Ehrenamtlichen in diesem Jahr hoch. Im Vorjahr nahmen im Vergleich dazu nur drei Interessierte teil.
Zusammenarbeit und Präsenz sind immens wichtig
Durch das Ausbleiben der Werbung durch Flyer und Handzettel in Folge der Kontaktbeschränkungen im Jahr 2020 ist Social Media als moderne Werbeplattform in den Fokus gerückt. Durch geschaltete Anzeigen konnten so bis Dezember 2020 auf Facebook 193 Personen und auf Instagram 117 Personen erreicht werden. Daraus ergeben sich schon jetzt viele Gespräche und auch schon Erstgespräche für zukünftige Gesprächskreise.
Ebenfalls ist die Zusammenarbeit mit den örtlichen Institutionen wie die Freiwilligenagentur in Cottbus und die BTU Cottbus-Senftenberg wichtig. Durch das Weitertragen unserer Werbung an Bürger und Studenten in unserer Stadt konnte so die vergleichsweise hohe Teilnehmerzahl am Einführungskurs erreicht werden.
Das Netzwerken und die Präsenz in den sozialen Medien sind meines Erachtens für die Straffälligenhilfe und auch für den gesamten Caritasverband der Diözese Görlitz e.V. immens wichtig, um die eigenen Botschaften noch weiter in die Mitte der Gesellschaft zu tragen. Je mehr Leute erreicht werden, desto mehr können sich im Endeffekt an Projekten wie dem Ehrenamt im Strafvollzug beteiligen und in der Folge wird so mehr Hilfesuchenden geholfen.
Bei all den Problemen und Sorgen durch die Corona-Pandemie haben wir durch diese Herausforderungen die Chance, neue Möglichkeiten zu nutzen und unsere Arbeit so zu optimieren.