„Den Blick wieder weiten“
Wie die junge Frau, die keinen Kontakt zu anderen mehr fand. Den Bruder einer schwerkranken Patientin, der über die Pflege seiner Schwester vereinsamte. Oder die Frau, die sich nicht mehr öffnen kann und eine Therapie abgebrochen hat.
"Häufig kommen diese Klienten zuerst in andere Beratungsangebote der Caritas", sagt Manuela Willenborg. Sie haben Stress mit dem Vermieter, sind überschuldet oder haben familiäre Probleme." Der Caritas geht es mit dem neuen Modellprojekt darum, die Ursachen für die Notlagen zu bearbeiten.
"Häufig ist es eine traumatische Erfahrung, die Menschen einsam werden lässt", sagt Manuela Willenborg. Verletzungen in der Beziehung, Trauer durch den Verlust naher Angehöriger, Erkrankungen oder Arbeitslosigkeit seien nur einige Gründe, warum sich Menschen in ihr Schneckenhaus zurückziehen. "Das führt schnell dazu, dass Menschen ihr Selbstwertgefühl verlieren", berichtet Willenborg, die auch Trauma-Pädagogin ist. "Wenn ich mich Monate nicht mehr bei Freunden oder Familie gemeldet habe, überwiegt die Scham. Die Menschen schaffen es nicht mehr, sich aus der Einsamkeit zu befreien."
Leben in Wellenbewegung
Manuela Willenborg will den "Blick wieder weiten". Dafür "gehen wir zunächst zum Grund für die Situation zurück." Dies kann durch ein Seil am Boden geschehen, dessen Wellenbewegungen Höhen und Tiefen eines Lebens widerspiegeln. Gleichzeitig versuche sie, die Menschen zu stärken, sie auf positive Begegnungen aufmerksam zu machen.
Schwerwiegende Erkrankungen wie etwa Depressionen können die Folge sein. "Bei einer Krisenintervention vermittele ich direkt an eine geeignete Stelle", betont die Caritas-Mitarbeiterin. Wenn sie einigen ihrer Klienten eine Psychotherapie vorschlägt, kann es ein halbes Jahr dauern, bis diese beginnen kann. "Diese Zeit kann ich mit den Klienten gut nutzen, denn Sie haben sich bereits auf den Weg gemacht."
Die Caritas will durch das neue Angebot auf den gesellschaftlichen Trend zur Vereinsamung reagieren. Aktuell leben in Münster 53 Prozent der Menschen in einem Singlehaushalt und Begegnungen mit anderen Menschen werden geringer. Auch Soziale Medien sorgen für weniger reale Kontakte und erhöhen die Einsamkeit, was besonders auf junge Menschen zutrifft.