Berührungsängste abbauen
Muslimische Altenpflegekräfte in Einrichtungen und Diensten der Caritas! Darf ein katholischer Wohlfahrtsverband andersgläubige Mitarbeiter überhaupt beschäftigen? Ja, man darf und es geht! Es geht sogar sehr gut! Zwei wichtige Voraussetzungen müssen jedoch gemäß der für die Caritas geltenden Grundordnung erfüllt sein: Die muslimischen Mitarbeitenden erkennen die christlichen Glaubensgrundsätze an, und sie dürfen nicht missionieren.
Die Praxis hat gezeigt, dass gerade türkischstämmige junge Männer sich in der Altenpflege bewähren, selbst dann, wenn sie keine erstklassigen Noten vorweisen können. Sie sind motiviert und bringen - wohl kulturell bedingt - eine Achtung vor älteren Menschen mit, die manchen jungen Deutschen heute leider abgeht.
Bemerkenswert ist auch, dass die jungen Männer inzwischen von sich aus kommen. Altenpflege ist für sie nicht der Plan B einer gescheiterten Berufswahl, sondern sie wollen sich einbringen, weil sie ein Beruf ist, bei dem man anpacken muss, und weil sie ein Beruf mit Zukunft ist.
Natürlich sollen die muslimischen Mitarbeitenden - Männer wie Frauen - nicht das Gesicht einer Caritas-Einrichtung prägen. Aber die türkischstämmigen Altenpfleger sind eine Antwort auf unsere sich wandelnde Gesellschaft. Sie sind auch eine von mehreren Antworten auf den akuten und stetig wachsenden Personalmangel in der Pflege. Und sie werden eine Antwort sein auf die bald steigende Nachfrage nach Pflegeplätzen für Senioren mit Migrationshintergrund. Auch diese Familien verändern sich: Die Erwerbsstrukturen wandeln sich. Die Großfamilie, die einst die Pflege der alten Menschen sicherstellte, ist ein Auslaufmodell.
Die Öffnung unserer Gesellschaft und unserer Einrichtungen für andersgläubige Mitarbeitende ist ein Muss. Es ist nicht die Frage, ob, sondern wie wir die Öffnung gestalten. Beliebigkeit ist keine Antwort. Es geht nicht darum, von christlichen Werten abzurücken, nicht darum, St. Martin zum Lichterfest zu vernebeln und die religiöse Identität zu verkleistern.
Sie sind motiviert und bringen eine Achtung vor älteren Menschen mit
Anders als extremistische Muslime uns glauben machen wollen, existieren zwischen Gläubigen monotheistischer Religionen mehr Gemeinsamkeiten als Gegensätze. Der Gott trägt einen anderen Namen und es gibt andere Riten. Doch in den Glaubenswerten gibt es viel Gemeinsames. Nicht umsonst sind katholische Kindergärten, Grundschulen und Altenheime auch bei muslimischen Familien gefragt, weil es dort überhaupt religiöse Werte gibt.
Es wird ein Gebot der Zukunft sein, Berührungsängste abzubauen - weil es zur Integration gehört, weil unsere Gesellschaft vergreist, weil es einen anhaltenden Flüchtlingszuzug gibt und all dies unsere Gesellschaft und damit auch die Bedürfnisse der Menschen verändert. Als Verband, dessen Name "Nächstenliebe" bedeutet, sollten wir Antworten finden, auch um damit nah an den Menschen zu bleiben.