Die Mischung macht’s: analoge und digitale Beratung
Der Jahresbericht 2021 der Katholischen Schwangerschaftsberatung zeigt die Herausforderungen, vor die das zweite Pandemiejahr Schwangere und Familien wie auch Berater:innen stellte - und wie sich die Beratungsarbeit seither weiterentwickelt hat.
2021 waren fast alle Lebensbereiche von Folgen der Pandemie und ihrer Bekämpfung betroffen; psychosoziale, gesundheitliche, rechtliche und ethische Dimensionen waren davon umfasst. Sichtbar wurde dies beispielsweise in der Angst vieler Frauen, bei der Geburt allein zu sein, weil niemand sie begleiten durfte. Oder in der Sorge, wie sie die Anforderungen bewältigen sollten, die sich aus der Versorgung eines Neugeborenen bei gleichzeitiger Betreuung weiterer Kinder ergeben würden, wenn Kindertagesstätten und Schulen schließen mussten.
Vielfach waren die Ratsuchenden von existenziellen Sorgen geplagt, weil - ebenfalls pandemiebedingt - der eigene Arbeitsplatz oder der des Partners, der Partnerin nicht mehr sicher war oder durch Kurzarbeit das Geld knapp wurde. So konnte die Beratung zur Schwangerschaft oftmals erst dann beginnen, wenn diese Themen angemessen bearbeitet waren.
Zu den Herausforderungen gehörte nicht zuletzt die Frage, wie sich Beratung auch dann sicherstellen lässt, wenn direkte Kontakte nicht möglich sind. Die Katholische Schwangerschaftsberatung war deshalb einer der ersten Beratungsdienste, die im Jahr 2021 mit dem Neustart der digitalen Tools "1:1-Chat (persönliche elektronische Kommunikation in Echtzeit) und Video-Call" auf der Online-Beratungsplattform des Deutschen Caritasverbandes (DCV)1 eine blended-geführte2 Beratungspraxis gestalteten. Damit reagierte dieser Fachbereich professionell und zügig auf den hohen Qualitätsanspruch in der Beratung: Unterstützung und Hilfe können nicht auf unbestimmte Zeit verschoben werden, sondern benötigen Verlässlichkeit vor, während und nach einer Schwangerschaft bis zum dritten Lebensjahr des Kindes.
Zahlen zur Katholischen Schwangerschaftsberatung
Im Jahr 2021 wandten sich 99.669 Ratsuchende an die katholischen Schwangerschaftsberatungsstellen, somit 3657 (rund 3,5 Prozent) weniger Ratsuchende als im Jahr 2020. Dieser Rückgang des Beratungsaufkommens, der sich mit dem zweiten coronabedingten Lockdown bis Mai 2021 erklären lässt, zeigt sich moderater als der des Vorjahres, bei dem es über sechs Prozent waren. Hier wirkt sich aus, dass Sicherheit und Routine in der Präsenzberatung unter Corona-Bedingungen gewachsen sind.
Die rein online-basierte Beratung nahm im Jahr 2021, wie die statistischen Auswertungen des DCV-Referats "Online-Beratungsplattform" belegen, im Vergleich zum Vorjahr um 18,6 Prozent zu. Insgesamt haben sich 781 Berater:innen aus insgesamt 228 Beratungsstellen für die digitale Beratungsarbeit qualifiziert. 5369 Ratsuchende wurden auf diesem Weg im Berichtsjahr 2021 beraten.
Schwangerschaftsberatung wurde 2021 damit ganz im Sinne des Blended Counseling3 über unterschiedliche Kommunikationskanäle angeboten.
Schwangere und Familien in der Krise
Die mit der Pandemie verbundenen Kontaktbeschränkungen im öffentlichen und privaten Bereich wirkten sich wie bereits 2020 auch 2021 in vielfältiger Weise auf das Leben von Schwangeren und Familien aus:
◆ Psychische Folgen: Im Jahr 2021 werden die längerfristigen psychischen Folgen von Corona in der Beratung deutlich sichtbar. Hatten 2020 viele Frauen noch auf ein baldiges Ende der Pandemie gehofft, stellten die Berater:innen 2021 weit stärker als im Vorjahr Überforderung, Verunsicherung, Erschöpfung und Kraftlosigkeit, Zukunftsängste, Einsamkeit, Hilflosigkeit und Depressionen bei den Ratsuchenden fest.
◆ Finanzielle Sorgen: Die Themen finanzielle Absicherung (zum Beispiel Elterngeld bei Kurzarbeit), sozialrechtliche Ansprüche (zum Beispiel nach Insolvenz des Arbeitgebers während des Mutterschutzes) und mutterschutzrechtliche Bestimmungen aufgrund von pandemiebedingtem Beschäftigungsverbot rückten stark in den Vordergrund der Beratung und überschatteten die Schwangerschaft.
◆ Lange Wege bei Kooperationen mit Ämtern und Behörden: Lange Bearbeitungszeiten stellen gerade in der - ja zeitlich begrenzten - Schwangerschaft eine besondere Herausforderung dar, wenn gesetzliche Ansprüche nicht rechtzeitig oder unzureichend geltend gemacht werden können: Auch im zweiten Jahr der Pandemie war der Zugang zu Ämtern überwiegend nur telefonisch oder digital möglich, die Mitarbeitenden waren im Homeoffice, die Bearbeitungszeiten länger.
◆ Zunahme der Komplexität und Ausweitung der Beratungsthemen: Die Themen in der Katholischen Schwangerschaftsberatung bewegen sich immer an der Schnittstelle zwischen psychosozialen, gesundheitlichen, rechtlichen und ethischen Fragestellungen und sind von ihrem Auftrag und Selbstverständnis mehrdimensional angelegt. Weit deutlicher als in den Vorjahren verwiesen die Berater:innen 2021 auf die gestiegene Komplexität und Vielschichtigkeit der Beratung.
◆ Schwangerschaft und Corona: Die Schwangerschaftsberatung musste auf neue coronabedingte Fragestellungen reagieren wie zum Beispiel auf mögliche Auswirkungen einer Corona-Infektion auf den Verlauf der Schwangerschaft, die Geburt und die Gesundheit von Mutter und Kind. Aber auch die Corona-Schutzimpfung und ihre möglichen Risiken wurden verstärkt besprochen. Die Versorgung in der Schwangerschaft, rund um die Geburt und im Wochenbett durch Hebammen und Familienkinderkrankenschwestern war an manchen Standorten durch die mit Corona verbundenen Kontaktreduktionen nur eingeschränkt möglich.
◆ Ratsuchende mit ausländischer Staatsbürgerschaft: Die Beschaffung von Nachweisen aus dem Herkunftsland war durch Corona besonders erschwert. Abgelaufene Aufenthaltstitel, nicht ausgestellte Dokumente wie zum Beispiel Geburtsurkunden oder nicht bewilligte Leistungen verzögerten immer wieder die Bearbeitung von Anträgen, die diese Dokumente voraussetzen. Das führte zu Kettenreaktionen, die finanzielle Not produzierten. Viele Migrant:innen verfügten nicht über die nötigen Sprachkenntnisse und die mediale Ausstattung und Kompetenz, um Anträge ausschließlich digital zu stellen oder Informationsmaterial digital abzurufen.
Anmerkungen
1. www.caritas.de/hilfeundberatung/onlineberatung
2. "Blended" im Kontext von Beratung oder Bildung meint: gemischt zusammengesetzt aus Online- und Präsenz-Anteilen.
3. Kombinierte Präsenz- und Online-Beratung.
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