Bestmöglich und bedarfsgerecht sollte die oberste Maxime sein
Leistungen rund um Pflege und Betreuung online anzubieten und zu vermitteln bot vor der Corona-Krise nicht selten Grund zur Skepsis. Durch die Erfahrungen in der Krise sind wir nun eines Besseren belehrt worden. Vieles funktioniert seitdem nur noch online. Und für viele wurde der Weg in digitale Formate gangbarer gemacht.
Wenn von Pflegeplattformen die Rede ist, muss unterschieden werden, welche Inhalte darüber vermittelt werden sollen. Wer ist Adressat der Angebote? Was kann man dort erfahren? Wie ist dort Vernetzung möglich? Moderne Dienstleister für Pflege und Betreuung haben nach und nach den Weg ins Internet gefunden. Die Vernetzung bringt bestehende Angebote nicht nur schneller zu einem größeren Kreis potenzieller Kund(inn)en. Sie lässt auch neue Angebote und Formen von Angeboten entstehen.
Anhand vier unterschiedlicher Plattformen soll verdeutlicht werden, wie Digitalisierung aktuell umgesetzt wird. Als Pfadfinder im Pflegedschungel bezeichnen sich die Macher von "Mitpflegeleben.de". Auf dieser Serviceplattform finden sich Antworten auf Fragen rund um das Thema Pflege. "Mitpflegeleben" will direkt die Angebote von Dienstleistern aus der Sozialwirtschaft in der Region des Suchenden vermitteln. 16 gemeinnützigen Organisationen, die einen großen Teil der Pflege in Deutschland sicherstellen, tragen gemeinsam diese Plattform. Schnell und kompetent wird man durch alle Phasen der Pflege begleitet - so das Versprechen. Themenblöcke zu Pflege, Wohnen, Versicherung und Finanzierung und Formulare/Checklisten sollen den Hilfesuchenden weiterhelfen.
Anbietern von Pflege wird weniger Beratungsaufwand versprochen, weil ausschließlich nach Bedarf ausgewertete Kundenanfragen weitergeleitet werden. Der Anbieter setzt dabei seine Filter selbst. Im Statistikbericht werden Anfragen im Bereich Pflege und Wohnen zu Kennzahlen einer Region zusammengefasst. Interaktive Kundenbewertungen und ein webbasiertes Aufnahmemanagement gehören zum teilweise kostenpflichtigen Angebot.
Eine Ideenwerkstatt für Berufseinsteiger
Auf https://hashtag-gesundheit.de finden sich Berufseinsteiger und Studierende aus Pflege, Medizin und Ökonomie, mit dem Ziel, anderen jungen Menschen eine Stimme im gesundheitspolitischen Diskurs zu verleihen. Als Ideenwerkstatt will man wissenschaftliche Expertise, praktische Relevanz und internationale Erfahrungen verbinden. Der Verein, der sehr stark online arbeitet, will Herausforderungen der Zukunft von der jungen Generation gelöst sehen. Deshalb stellt er die Strukturen der deutschen Gesundheitsbranche grundlegend infrage und will innovative Lösungsansätze entwickeln. Insbesondere durch Live-Berichte von Kongressen, Interviews mit Expert(inn)en oder eigene Content-Formate soll der ständige Austausch mit den unterschiedlichen Akteur(inn)en im Gesundheitswesen sichergestellt werden. Der Verein ist überall in Deutschland zu Hause - und ein bisschen auch auf der ganzen Welt. Nicht nur in Berlin, Frankfurt, München oder Köln befinden sich Ankerpunkte. Durch Auslandssemester sind einige der Mitglieder auch bereits in Schweden, den USA oder Australien zu Hause. Dadurch will man neue Impulse ge - winnen und die unterschiedlichen Gesundheitssysteme miteinander vergleichen. Der Hashtag steht für den digitalen Schwerpunkt des Vereins und den Zeitgeist der ihn bildenden Generation. Gleichzeitig sucht man den persönlichen Austausch bei Branchenveranstaltungen, in Workshops oder bei regionalen Stammtischen. Diese Verknüpfung der Kanäle soll für eine hohe Interaktion und eine schnelle Reaktionsfähigkeit bei aktuellen Themen sorgen.
Den Austausch in der Pflegepraxis vernetzen
Pflegelotse.de" ist ein unabhängiges und kostenloses Informationsportal des Verbandes der Ersatzkassen (vdek) zur Suche von passenden Pflegeangeboten. Mittels einfacher Eingabe gibt die suchende Person die Rahmenparameter der aktuellen Situation an. Schrittweise wird man um weitere Angaben gebeten, die so eine Suche genauer werden lassen. Zuletzt erhält man den Hinweis, dass so und so viele Angebote vorliegen. Um diese zu erhalten, muss man Adressdaten, E-Mail und Telefon angeben. Neben dem Ziel, maximale Hilfe zu Hause zu bekommen, können auch Einrichtungen miteinander verglichen werden. Wenn es um das Thema Finanzierung geht, wird auch ein Button zum Verkauf von Immobilien angeboten …
"Pflegenetzwerk-deutschland.de" ist eine Initiative des Bundesministeriums für Gesundheit. Es will den Austausch in der Pflegepraxis in der ambulanten Pflege, im stationären Bereich und im Krankenhaus fördern und die Akteure vor Ort und bundesweit vernetzen. Alle Pflegekräfte sind eingeladen, sich aktiv ins Netzwerk einzubringen. Veranstaltungen und Workshops sollen das Lernen voneinander (zunächst digital) fördern und die gemeinsame Gestaltung der Zukunft der Pflege befeuern. Ein Newsletter will den Austausch zu guter Praxis und Modellprojekten sicherstellen. Zusätzliche Beratung bietet eine Geschäftsstelle an.
Auf pflegenetzwerk-deutschland.de finden sich Ankündigungen zu folgenden Themen: attraktive Ausbildung, mehr Personal, praxisnahe Digitalisierung, mehr Verantwortung für die Pflege und regionale Netzwerke. Im Wesentlichen werden Inhalte aus der Konzertierten Aktion Pflege aufgegriffen und mit der Praxis in Kontakt gebracht.
Der frühe Aufbau einer Kundenbeziehung erhöht die Reichweite
Information, Beratung und Kommunikation wird im Zeitalter der Digitalisierung immer mehr auf der Basis von digitalen Plattformen stattfinden, unabhängig davon, ob die angesprochene Zielgruppe die Hilfesuchenden selbst oder Anbieter sind. Sollen diese Plattformen genutzt werden, müssen sie als moderne Lifestyle-App präsentiert werden und vom Layout und der Funktionalität dem Vergleich mit gängigen Apps standhalten. Der frühe Aufbau der Kundenbeziehung, die erhöhte Reichweite, die mobile Verfügbarkeit - das alles sind Treiber, um Information und Beratung zu ermöglichen, wenn eine Pflegesituation noch gestaltbar ist.
Pflegetools, die früher und zielgerichtet zur Anwendung kommen, tragen dazu bei, Eigenständigkeit länger zu erhalten. Frühe Diagnostik, gegebenenfalls Therapie und Unterstützungsangebote geben den Nutzer(inne)n ein gutes Lebensgefühl, weil sie spüren, dass sie selbst gestalten und nicht gestaltet werden.
Plattformen ermöglichen Anbietern eine leichtere "Vermarktung" ihrer Angebote, um Hilfesuchende dabei zu unterstützen, die Herausforderungen der Versorgungsorganisation zu bewältigen. Nicht zuletzt bieten Plattformen Lösungsansätze, eine mangelnde Verfügbarkeit von Versorgungsangeboten zu überwinden, nicht nur in strukturschwachen Regionen.
Als Erstes die bestmögliche Leistung ermitteln
Aus Kundensicht sollten Plattformen so weiterentwickelt werden, dass sich erst, nachdem die bestmöglichen Betreuungs- und Hilfeleistungen ermittelt wurden, die Frage stellt, welcher Anbieter dafür am besten geeignet ist. Dann sollte geklärt werden, wie die Leistungen am besten bereitgestellt werden, sei es eine App, ein Besuch oder die Lieferung eines Medikamentes oder Hilfsmittels. Aus Anbietersicht ist es wünschenswert, die bestmöglichste Leistungsergänzung plattformbasiert auf den Markt zu bringen und dort gefunden zu werden.
Ziel aller Plattformen in der Pflege sollte es sein, die Gesundheits- und Pflegekompetenz der Nutzer(innen) durch belastbare Gesundheitsinformationen zu unterstützen. Dann werden wir zu einem Gesundheits- und Pflegesystem kommen, das über eine frühe digitale Kundenbeziehung auf Basis gesundheitsrelevanter Nutzerdaten bedarfsgerechte, wirksame Leistungen identifiziert und anbietet. Aus der Beziehung zwischen der Fachpflegeperson und der pflegebedürftigen Person wird so einerseits eine Nutzer-Anbieter-Beziehung, in der es um die richtige Auswahl wirksamer Interventionen geht. Andererseits kann es, unbenommen der in Anspruch genommen Leistung, um eine persönliche Beziehung gehen, die einer Dienstleistung in der Pflege besonderen Charakter verleiht. Ein hohes Ziel, das die Entwicklung jedweder Plattformen antreiben sollte.
Bestmöglich und bedarfsgerecht sollte die oberste Maxime sein
Betreuung allein reicht nicht
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