Das Zauberwort heißt Kooperation
Die Arbeitsmarktintegration von Asylsuchenden und Flüchtlingen begleitet den Migrationsdienst des Caritasverbandes Koblenz schon fast seit seiner Gründung. Der Wunsch zu arbeiten, eine Ausbildung oder einen Schulabschluss zu machen, wurde seit jeher von Klient(inn)en in den Beratungen geäußert. Arbeitsintegration von Asylsuchenden und Flüchtlingen war jedoch lange Zeit ein Randthema. Eine institutionalisierte Arbeitsmarktintegration der Zielgruppe fand regelhaft nicht statt. Lediglich die Migrationsdienste, Flüchtlingsräte oder verschiedene Projektförderungen haben sich der Thematik in der Vergangenheit angenommen.
Als im Herbst 2014 eine Ausschreibung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales im Rahmen der ESF-Integrationsrichtlinie Bund ("Integration von Asylbewerber/-innen und Flüchtlingen") über die Förderung von arbeitsmarktintegrativen Projekten bekannt wurde, war schnell klar, dass der Caritasverband diese Chance nutzen wollte, um eine rechtskreisübergreifende Arbeitsmarktintegration der Zielgruppe strukturell zu ermöglichen. Nachdem der Antrag positiv beschieden wurde, konnte dank der langjährigen Kontakte zu den relevanten Institutionen der Arbeitsmarktintegration zügig der Projektverbund FAiR
(Flüchtlinge und Asylsuchende integriert in die Region) gegründet und die Arbeit im September 2015 aufgenommen werden. Auf Initiative der Agentur für Arbeit Koblenz-Mayen wurde in deren Räumlichkeiten außerdem das Lotsenhaus für Flüchtlinge mit den folgenden Projekt- und Kooperationspartnern gegründet: Jobcenter Landkreis Mayen-Koblenz, Handwerkskammer Koblenz, Industrie- und Handelskammer Koblenz, Jobcenter Koblenz, Carl-Benz-Schule und Julius-Wegeler-Schule in Koblenz, Stadt Koblenz, Landkreis MayenKoblenz. Die gemeinsame Fallbearbeitung und Durchführung von verschiedensten Veranstaltungen haben wesentlich zur vertrauensvollen, institutsübergreifenden Zusammenarbeit beigetragen. Die Angebote konnten hierdurch miteinander verzahnt und ergänzt werden:
Wissen in Migrationsfragen für alle Partner von Vorteil
Die Ansiedlung des Projekts im Migrationsdienst war ebenfalls ein großer Pluspunkt, da es bei der Zielgruppe meist nicht "nur" um die Arbeitsmarktintegration geht, sondern auch um andere Fragestellungen wie den Spracherwerb oder auch jugendspezifische Fragen. Daher ist es von großem Vorteil, dass in der gleichen Abteilung zum Beispiel die Asylverfahrensberatung und die IQ (Integration durch Qualifizierung)-Anerkennungs-/Qualifizierungsberatung angesiedelt ist und zusammen ganzheitlich Fälle bearbeitet werden können. Auch die Projektpartner nutzen gerne die vielseitige Expertise der Caritas Koblenz bezüglich Migrationsthemen.
In der schulischen Bildung konnte das Projekt mit den Partnern, den Berufsschulen Carl-Benz-Schule und Julius-Wegeler-Schule, einige Meilensteine erreichen. So wurde Koblenz zu einem von zunächst drei Modellstandorten in Rheinland-Pfalz, um Geflüchteten über das 18. Lebensjahr hinaus einen Schulbesuch zu ermöglichen. In der Folge konnte erreicht werden, dass eine Beschulung von über 18-Jährigen im Bildungsgang "Berufsvorbereitungsjahr Pflege/Gesundheit" und "Ernährung/Hauswirtschaft" eingerichtet wurde. Eine aus Sicht des Koblenzer Caritasverbandes dringend benötigte flächendeckende Beschulung der Zielgruppe über das 18. Lebensjahr hinaus resultierte daraus leider nicht. Dies hat zur Folge, dass derzeit viele Geflüchtete mit ihrer Ausbildung überfordert sind. Einerseits, weil die berufliche Fachsprache noch nicht ausreichend erlernt ist, und andererseits, weil Bildungslücken deutlich werden, die während einer Ausbildung kaum kompensiert werden können.
Fachkräftemangel als glückliche Fügung
FAiR ist seit fünf Jahren in der Praxis tätig. Bereits 750 Klient(inn)en haben die Beratung in Anspruch genommen - 40 Prozent der Teilnehmenden konnten bereits in Ausbildung, Arbeit oder eine Schule vermittelt werden. Was als glückliche Fügung während dieser Zeit gelten kann, ist, dass der Fachkräftemangel und die Zuwanderung von Geflüchteten zusammengetroffen sind. Zahlreiche Arbeitgeber suchen weiterhin Kontakt zum Projekt, um Arbeitskräfte für sich zu gewinnen und rechtliche sowie interkulturelle Fragen zu klären.
Die Kooperation erweitert
Da Integration keine Einbahnstraße, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, ist es wichtig, sich besser zu verstehen und dafür zu sensibilisieren, dass es Missverständnisse geben kann. Es gibt Besonderheiten und Vorgaben des deutschen Arbeitsmarktes, die erst gekannt und verstanden werden wollen, weshalb Schulungskonzepte für die Teilnehmenden des Projektes erarbeitet wurden. Auch die Mitarbeitenden müssen immer wieder selbst reflektieren, inwieweit sie Zuschreibungen und Stereotype im Kopf haben, die es zu überdenken gilt, um das Verhalten entsprechend anpassen zu können. Zum einen hat der Caritasverband Koblenz als Arbeitgeber den bereits begonnenen interkulturellen Öffnungsprozess weitergeführt - zum anderen werden interkulturelle Sensibilisierungsprozesse aber auch für Firmen, Institutionen und interessierte Akteure der Arbeitsmarktintegration angeboten.
Die Willkommenskultur der ersten Jahre und der Wunsch der Wirtschaft, Ausbildungs- und Arbeitsplätze zu besetzen, sorgten unter anderem dafür, dass zahlreiche gesetzliche Hürden abgebaut wurden und die seit langem geforderte Sprachförderung über das B 1-Niveau hinaus endlich etabliert wurde. Jedoch spätestens mit der Verabschiedung des Migrationspaketes im Sommer 2019 wurde die Arbeitsintegration von Asylsuchenden und geduldeten Personen erheblich erschwert. Die oftmals unmögliche Klärung der Identität und die Pflicht, in einer Erstaufnahmeeinrichtung leben zu müssen, verwehren den meisten Asylsuchenden einen Zugang zum Arbeitsmarkt. Um die Zielgruppe trotzdem zu erreichen und sie auf die Berufswelt in der neuen Heimat vorzubereiten, wurde der Projektverbund im Jahre 2019 um den Caritasverband Trier erweitert. In Kooperation mit der Agentur für Arbeit werden regelmäßig Infoveranstaltungen zum Thema Arbeitsintegration in der Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende in Trier angeboten.
Unterschiedliche Herausforderungen bleiben bestehen. Vor allem die Folgen der Corona-Pandemie sind noch nicht absehbar. Die Integration von geflüchteten Frauen in den Arbeitsmarkt und die damit einhergehende Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird noch über Jahre auf der Agenda stehen.
Bestmöglich und bedarfsgerecht sollte die oberste Maxime sein
Betreuung allein reicht nicht
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